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Digitale Technik aus Braunschweig

Von Europa, über Afrika nach Asien: Eine Erfindung, die in Braunschweig entwickelt wurde, beeinflusst die ganze Welt: das Digitalfernsehen. Letzte Woche, am 29. März, startete das neue DVB-T2 Signal und löste deutschlandweit DVB-T ab. Prof. Ulrich Reimers hat seine Vision von der digitalen Übertragung in der Löwenstadt Anfang der 1990er Jahre realisiert. Wie fing alles an? Welche Rolle hat Braunschweig bei der Entwicklung gespielt und wie sieht die Zukunft des Digitalfernsehens aus? Die Antworten auf diese Fragen liegen nur einen Anruf entfernt.

Prof. Ulrich Reimers war federführend bei der Entwicklung des Digitalfernsehens. Foto: TU Braunschweig

Prof. Ulrich Reimers war federführend bei der Entwicklung des Digitalfernsehens. Foto: TU Braunschweig

Aktuell ist Prof. Ulrich Reimers Leiter des Instituts für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig. Dass ich ihn kurzfristig telefonisch erreiche, ist ein Glücksfall. Er dürfte in den Tagen vor der Signalumstellung umso gefragter sein, denn er hat dazu beigetragen, dass wir die digitalen Standards für die Fernsehübertragung heute überhaupt nutzen können.

Der Urknall des Digitalfernsehens

Liebe Braunschweigerinnen und Braunschweiger, ein kleiner Wermutstropfen vorab: Das digitale Signal wurde zwar nicht in Braunschweig erfunden, aber Dank Prof. Ulrich Reimers in die Löwenstadt gebracht und hier maßgeblich entwickelt und erprobt. Doch beginnen wir der Reihe nach.

Die Anfänge der digitalen Übertragung gehen auf das Jahr 1991 zurück. Damals war Prof. Ulrich Reimers Vorsitzender der Technischen Kommission von ARD, ZDF und des Schweizer und Österreichischen Rundfunks, sowie Technischer Direktor des Norddeutschen Rundfunks. „Zu der Zeit befand sich die Weiterentwicklung des Fernsehens in einer Sackgasse“, so Reimers. Anfang der Neunziger Jahre sollte eine neue Technik eingeführt werden, das analoge HDTV. HD-Mac, wie das Signal auch genannt wurde, hätte nur europaweit und nicht weltweit verbreitet werden können. „Diese technische Abspaltung zwischen Europa und dem Rest der Welt wäre ein großer Fehler gewesen – gerade im Hinblick auf die Globalisierung.“ Zudem hätte HD-Mac nur per Kabel und Satellit funktioniert und konnte nur auf klobigen Röhrengeräten empfangen werden – Flachbilddisplays gab es noch nicht. „Unnötiges Geld hätte das Voranschreiten dieser Entwicklung gekostet.“

„Eines Tages haben wir uns dann zu einem Krisengespräch im kleinsten Kreis auf der Schönburg am Rhein zusammengefunden und die Sachlage diskutiert, um der Fehlentwicklung entgegenzusteuern.“ Dort entwickelten er und seine Kollegen die Idee der digitalen Übertragung. Das war damals eine sehr mutige Vision. Prof. Reimers übernahm noch während seiner Zeit beim NDR die Aufgabe, aus der Vision einen Plan zu erarbeiten. 1993 folgte er einem Ruf als Professor in die Löwenstadt. Zwischenzeitlich war das Internationale DVB-Projekt mit Sitz in Genf gegründet worden und er war dessen Entwicklungschef. Unter seiner Leitung entstanden die vielfältigen Systeme für das Digitale Fernsehen per Kabel und Satellit, aber auch DVB-T und DVB-T2.

Welche Rolle spielt das Institut für Nachrichtentechnik?

Das Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig hat einen großen Anteil an den Entwicklungen dieser Systeme. „Mein Team hat in diversen Projekten mitgearbeitet und mit innovativen Ideen die Entwicklung vorangetrieben“, so Reimers. Eine Vielzahl der Erfindungen, die aus der Schmiede des Instituts kommen, wurde natürlich zum Patent angemeldet. Ein weiteres erfolgreiches Projekt der kreativen Tüftler war die Beteiligung an der Entwicklung der nächsten Generation der digitalen Übertragung für die USA.

Das Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig wirkte in vielen Projekten an der Entwicklung von digitalen Systemen mit. Foto: BSM/Philip Steffen

Das Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig wirkte in vielen Projekten an der Entwicklung von digitalen Systemen mit. Foto: BSM/Philip Steffen

Kommt bald DVB-T3?

Was verrät der Blick in die Glaskugel? Das Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig arbeitet stetig an der Verbesserung der aktuellen Technik. Momentan liegt der Schwerpunkt auf der Verbindung von drahtlosen Broadcast- und Broadband-Netzen.

Eine Entwicklung wie DVB-T3 sieht Reimers jedoch nicht. „Die Technik ist aktuell auf einem sehr hohen Level und ich denke, wir sind beim Digitalen Fernsehen am Ende der Fahnenstange angelangt.“

Danke, Herr Prof. Reimers!

Auf die Frage, ob er stolz auf seinen Anteil an der Entwicklung der Technik des Fernsehens sei, lautet die Antwort nur „Jawoll!“. Hervorheben möchte er aber die tolle Leistung seiner Kolleginnen und Kollegen, mit denen er über die Jahre hinweg international, gerade aber auch an der TU Braunschweig zusammengearbeitet hat.

Mir bleibt nur zu sagen: Danke, Herr Prof. Reimers! Zum einen für die Zeit, die Sie sich für das interessante Telefoninterview genommen haben, zum anderen natürlich für Ihren Anteil an der Entwicklung des Digitalfernsehens und dass Sie die Löwenstadt mit ihrem Erfindergeist bereichert haben!

Beitragsbild: Aus DVB-T wird DVB-T2. Foto: Pixabay

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