Ich lebe gerne in der Stadt. Ich kann zu Fuß einkaufen gehen, bin mit dem Rad im Nullkommanichts bei der Arbeit und egal, worauf ich nach Feierabend Lust habe, in weniger als 20 Minuten erreiche ich jedes Kultur- und Freizeitangebot der Löwenstadt.
Als geborenes Landei fehlt mir aber manchmal die Natur. Ich liebe es, meine freie Zeit im kleinen großen Garten, den ich seit einiger Zeit mein Eigen nenne, zu verbringen. Aber jede Gartenbesitzerin weiß, dass Garten auch Alltag bedeuten kann, nämlich dann, wenn das Unkraut sprießt, die Büsche zurecht geschnitten und die schier unbezwingbaren Brombeersträucher in Form gebunden werden müssen. Manchmal also fehlt mir zum Abschalten vom Alltag die unberührte Natur.
Waldromantik pur
Immer dann sehne ich mich nach Wald. Nach dem Eintauchen ins Unterholz, dem Knacken kleiner Äste unter den Füßen, dem Rauschen des Windes durch die Wipfel, dem milden Licht, das durch das Blätterdach bricht … Und nach der Luft, die sich so belebend auf meinen Gemütszustand auswirkt. Jaja, wir Deutschen, seit der Romantik pflegen wir eben ein ganz besonderes Verhältnis zu unserem Wald.
Auch deshalb kommt der Mikroabenteuer-Trend aus Japan – das „Shinrin yoku“ oder Waldbaden – in Deutschland besonders gut an. Waldbaden bedeutet, sich selbst und dem Wald eine ganz besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die eigene Umgebung bewusst in sich aufzunehmen. Denn das wirkt sich nicht nur positiv auf unsere Laune, sondern auch positiv auf unsere Gesundheit aus.
So „waldbaden“ Sie richtig
Zum Waldbaden brauchen Sie nur sich und ein bisschen Zeit. Wie viel Zeit Sie investieren, entscheiden Sie dabei selbst, denn auch das gehört zu den positiven Prinzipien des Waldbadens: Sie bestimmen selbst, wann und wie lange Sie (im Wald) weg sind. Und dann beginnen Sie einfach:
- Schlendern Sie langsam und gemütlich durch die Natur.
- Halten Sie inne, legen Sie Pausen ein, um die Seele zu Ruhe kommen zu lassen.
- Nehmen Sie wahr, was Sie umgibt, aber ohne Leistungsdruck. Staunen Sie über die Natur, über Farben, Formen, Gerüche und Geräusche des Waldes. Berühren Sie die Rinde der Bäume um Sie herum.
- Probieren Sie aus, sammeln Sie Steine oder Kastanien, suchen Sie einen Spazierstock, flechten Sie Gräser.
- Bewegen Sie sich sanft in der Natur, balancieren Sie über Stämme oder klettern Sie über umgefallene Bäume.
- Seien Sie achtsam, schenken Sie dem Moment Aufmerksamkeit, nehmen Sie Eindrücke wertfrei wahr.
- Entspannen Sie ihre Augen, schauen Sie in die Ferne.
- Atmen Sie bewusst, beobachten Sie Ihren Atem.
- Meditieren Sie, wenn Sie darin geübt sind. Finden Sie zur Ruhe.
- Genießen Sie die Stille, schweigen Sie, genießen Sie das Alleinsein.
Waldbaden können Sie überall, ob im Bürgerpark, im Westpark oder im Prinzenpark oder in echten Wäldern, die Hauptsache ist, Sie erleben die Natur ungestört. Im Folgenden stelle ich Ihnen drei weitere Orte vor, wo Sie allein oder gemeinsam waldbaden können.
Für Anfänger: Buchhorst und Riddagshausen
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts gab es ein reges Interesse der Braunschweiger Stadtbevölkerung an Naherholung im Grünen. In dieser Zeit wurden Spazierwege und das Arboretum Riddagshausen angelegt. Das Gebiet gehört zum Naturschutzgebiet Riddagshausen, weshalb die Erkundung des Waldes nur auf den ausgewiesenen Pfaden und Wegen möglich ist.
Für Fortgeschrittene: der Urwald in Hondelage
In Hondelage im Norden Braunschweigs ist vor einigen Jahren ein Urwald entstanden. Auf 50 Hektar Fläche wachsen jahrhundertealte Buchen und Eichen. Im neuen Urwald sind sie der Natur ausgeliefert, wenn sie umfallen, bleiben sie einfach liegen. Damit bietet der Urwald Lebensraum für höhlenbewohnende Vögel, Säugetiere, Insekten und Pilze und trägt damit zur biologischen Vielfalt bei. Ein Besuch im Hondelager Urwald bietet ganz viel Ursprünglichkeit.
Für Rudeltiere: Riddagshausen
Wenn Sie nicht alleine den Wald entdecken möchten, besucht den Wald einfach in einer Gruppe. Das Haus Entenfang und das Waldforum Riddagshausen bieten in Riddagshausen verschiedene Führungen, Aktivitäten und Schulungen rund um Natur und Wald an. Dabei werden Fragen beantwortet und Beobachtungstipps weitergegeben.
Damit Waldbaden auch in Zukunft möglich ist …
… gehört es sich von selbst, dass Sie bei Ihrem Ausflug in die Natur mit dieser rücksichtsvoll umgehen. Wenn Sie aufmerksam durch den Wald spazieren, keinen Müll hinterlassen und aufpassen, dass Sie nicht aus Versehen Nester und Behausungen von den Lebewesen zerstören, kann der Wald bleiben, was er ist: ein schöner Rückzugsort, der uns gut tut.
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