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Wie ein Kletteräffchen

Vorweg eine Frage: Wissen Sie, was Bouldern ist? Ich habe lange Zeit nur Bahnhof verstanden, wenn in meinem Bekanntenkreis jemand davon erzählt hat. In meiner Vorstellung war Bouldern eine Freizeitbeschäftigung wie Bowlen oder Boccia. Bis ich eines Besseren belehrt wurde – auf die unsanfte Tour. Ein guter Bekannter rief mich an, riet mir zu bequemer Sportkleidung und holte mich ab. Wir fuhren zum Aloha Sport Club, ich durfte mir Schuhe ausleihen und stand dann vor einer großen Herausforderung  in Form einer Kletterwand und dachte „Das also ist Bouldern.“

Bevor die Kenner unter Ihnen jetzt laut „Sportbanause!“ rufen: Bouldern ist nicht gleich Klettern. Beim Bouldern klettert man ohne Kletterseil an Felsblöcken (auf Englisch: boulder) oder an künstlichen Kletterwänden – natürlich alles in Absprunghöhe. In Braunschweig kann man zum Beispiel beim Aloha Sport Club oder im Greifhaus an der Hamburger Straße bouldern. Die Boulderhallen sind ausgelegt mit dicken Matten, die den Kletterer beim Herabspringen oder -fallen vor Verletzungen schützen. Die Wände sind bis in vier Meter Höhe als Kletterwelt hergerichtet: mit allerlei Vorsprüngen, Greifelementen in den verschiedensten Formen, farblich markierten Feldern und eingebauten Hindernissen.

Und ich plötzlich mittendrin, in ziemlich unbequemen Schuhen. Das müsse so sein, erklärt mir meine Begleitung, Kletterschuhe sollen richtig eng am Fuß anliegen. Mit Magnesium reibe ich meine Hände ein, damit ich beim Klettern nicht von den Griffen abrutsche. Als erstes versuche ich mich an der einfachsten Route, die weiß markiert ist. Mit unterschiedlichen Farben sind die Schwierigkeitsgrade gekennzeichnet. Auf weiß als Anfängerroute folgen die Stufen gelb, grün, blau, rot und schließlich schwarz als schwierigste Route. Ziel ist es, zum Top-Griff zu kommen und dabei einer bestimmten Route zu folgen. „Mist“ denke ich, als ich kurz vor dem Top-Griff aufgeben muss. Dabei sieht das Bouldern bei den anderen Kletterern so einfach aus. Ein zweiter Versuch. Geschafft. Langsam werde ich an der Wand sicherer und langsam kommt auch der Spaß. Mit den Aufgaben wachsen, nennt man so etwas wohl. Vor jeder neuen Route überlege ich mir, wie ich am besten von A nach B komme und probiere so lange, bis meine Arme zittern oder die Finger nicht mehr greifen können. Da dabei Glückshormone meinen Körper fluten, fällt mir die Anstrengung gar nicht auf.

Nach einer kurzen Pause geht es weiter, die eineinhalb Stunden, die wir in der Halle verbringen, vergehen wie im Flug. Ich schaffe jetzt nicht nur die einfachen Routen, sondern traue mir auch Routen mit höheren Schwierigkeitsgraden zu. Und mit der Zeit überwinde ich sogar die leichte Höhenangst, die mich überkommt, wenn ich ungesichert aus einer Höhe von zwei Metern fallen könnte. Ich fühle mich flink wie ein Kletteräffchen. Zum Ende merke ich, wie meine Kräfte schwinden, obwohl es mir so vorkommt, als hätte ich mich körperlich noch nicht so viel bewegt.

Ein Trugschluss, wie ich bald schon merken muss. In den Tagen nach meinem Ausflug in die Boulderhalle bekomme ich Muskelkater, wahrscheinlich den schlimmsten meines Lebens. Dass ich daran selbst schuld bin, muss ich mir eingestehen. Schließlich habe ich mich trotz der vielen Hinweisschilder nicht vernünftig aufgewärmt. Nun ja, so lerne ich zumindest jeden einzelnen Muskel in meinem Rücken kennen.

Damit Ihnen ein Muskelkater erspart bleibt, empfiehlt sich zu Anfang eine kurze Einführung von einem der Mitarbeiter. In beiden Boulderhallen gibt es außerdem Anfängerkurse und Technikkurse für erfahrene Boulderer. Schuhe und Magnesium können Sie in den Hallen leihen. Wer allerdings häufiger bouldern möchte, kann eine eigene Ausrüstung erwerben, zum Beispiel bei Bivvy (Heinrichstraße 39, nur noch online bestellbar) oder SFU – Sachen für unterwegs (Neue Straße 20).

(Artikelbild: BSM)

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