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Eine Reise zu Büssing, Jüdel und Co

Überblick übner die Ausstellung "Mensch, Maschine!"

Wussten Sie, dass Königin Elisabeth II am liebsten mit einer Rollei 35 S Gold fotografierte? Und wussten Sie dann auch noch, dass diese Kamera ursprünglich aus Braunschweig stammt? Das sind nur zwei der interessanten Infos, die ich aus der neuen Dauerausstellung „Mensch, Maschine!“ des Städtischen Museums mitgenommen habe und von nun an in alle Gespräche über die Löwenstadt einbringen werde. Aber auch über die kleine goldene Kamera hinaus gibt es im Gaußsaal des Altstadtrathauses seit dem 17. Januar 2023 viel zu entdecken.

Braunschweiger Industrielandschaft im Überblick

Vom Haupteingang des Altstadtrathauses aus gesehen links können Sie nun in zwei aneinandergereihten Räumen dienstags bis sonntags von 10:00 bis 17:00 Uhr die Braunschweiger Industriegeschichte kennenlernen. Der Eintritt ist frei. Im Fokus der Ausstellung stehen die Unternehmen, die zwischen 1850 und 1960 in der Löwenstadt ansässig waren. Ein eher trockenes Thema, wie ich zuerst dachte, aber ich habe mich geirrt. Zum einen sind es deutlich mehr Unternehmen, als ich vor meinem Ausstellungsbesuch vermutet hätte, zum anderen sind die Braunschweiger Produkte so vielfältig, dass zwischen Mobilitätsindustrie, Mühlenbau und Optik für alle etwas Interessantes dabei sein dürfte. Während sich im ersten Raum vorrangig die Produkte von Rollei und Voigtländer präsentieren, sind viele der Unternehmen im zweiten Raum entlang ihrer ehemaligen Standorte am Ringgleis angeordnet. So haben alle, die mit der Strecke vertraut sind, eine direkte Vorstellung davon, auf welcher Seite der Stadt die einzelnen Produkte entstanden sind.

Buntes Fenster aus dem MIAG-Gebäude

Neben Rechenmaschinen der Brunsviga, von denen Sie eine sogar ausprobieren dürfen, und Fahrrädern der Panther Fahrradwerke AG (oder solchen, die vorgeben es zu sein – entdecken Sie die Fälschung?) stapeln sich hier die Erzeugnisse der Braunschweiger Konservenindustrie – beinahe so, als seien sie für eine Partie Dosenwerfen aufgetürmt worden. Direkt am Eingang des Raumes begrüßt mich ein Tisch mit Fahrzeugmodellen von Heinrich Büssing, angeordnet um den Braunschweiger Löwen, der als Inspiration für das Markenlogo diente. Einen Kontrast bildet das beleuchtete Glasfenster aus den Räumlichkeiten der Mühlenbau und Industrie Aktiengesellschaft (MIAG), welches auch in einem Kunstmuseum nicht fehl am Platz erscheinen würde und dem Beruf des Müllers einen beinahe romantischen Unterton verleiht.

Vom Arbeitstisch bis zur fertigen Kamera

Mein persönliches Highlight ist ein detailgetreu eingerichteter Arbeitstisch aus den Rolleifabriken mit zahlreichen Originalwerkzeugen und Papieren. Fast wirkt es so, als könnte ich hier jederzeit meine Kamera reparieren lassen, falls ihr in der Ausstellung etwas passieren sollte. Und auch die Vitrinen mit analogen Fotoapparaten unterschiedlicher Modelle, die direkt im ersten Ausstellungsraum stehen, haben es mir als Hobbyfotografin angetan. Zu gerne würde ich ein paar in die Hand nehmen und sie direkt hier ausprobieren. Fürs erste muss aber wohl meine mitgebrachte Kamera genügen.

Ein Arbeitstisch aus der Rollei-Fabrik
Der Originaltisch und die Werkzeuge aus den Rolleifabriken beeindrucken mich ganz besonders.

Auf dem Presserundgang kurz vor der Eröffnung erfahre ich, dass viele der Exponate von privaten Sammler:innen stammen, die ihre Schätze für die Ausstellung zur Verfügung gestellt haben. Andere fand das Team des Städtischen Museums in alten Fabrikhallen oder ausrangierten Eisenbahnwagons. Kuratorin Dr. Christina Axmann erzählt: „Einige Stücke, die uns angeboten wurden, können wir gar nicht ausstellen, weil sie zu groß oder zu schwer für die Räumlichkeiten gewesen wären. Das ist natürlich schade.“ Trotzdem ist eine so abwechslungsreiche Sammlung zusammengekommen, dass ich bei diesem einen Termin gar nicht alles entdecken kann.

Die Menschen im Mittelpunkt

Und es bleibt nicht nur bei den Produkten. Wie der Titel „Mensch, Maschine!“ bereits verrät, möchte Kuratorin Axmann auch die Menschen in den Mittelpunkt rücken, ohne die die Braunschweiger Unternehmen nicht erfolgreich gewesen wären. Insbesondere die Arbeit der Frauen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Erziehung der Kinder soll dabei nicht in Vergessenheit geraten. In Vitrinen finde ich Texte aus dem „Volksfreund“, der sozialdemokratischen Zeitung von Wilhelm Bracke, und Abzeichen der Arbeitergesellschaften. Eine Infotafel stellt die Durchschnittseinkommen in Metall- und Konservenindustrie den Kosten von Lebensmitteln und Wohnraum gegenüber. Dies vermittelt ein realistisches Bild der Sorgen und Lebensumstände der Arbeiter:innen. Ein genauer Vergleich fällt mir aufgrund der unterschiedlichen Währungen schwer. Insbesondere der Preis für ein Kilogramm Butter im Vergleich zur Miete einer drei Zimmer Wohnung überrascht mich dann aber doch.

Dauerausstellung im Wandel

Insgesamt lohnt es sich, die Ausstellung auch über einen Besuch hinaus im Auge zu behalten. Denn obwohl es sich bei „Mensch, Maschine!“ um eine Dauerausstellung handelt, soll die Präsentation im Gaußsaal nicht statisch bleiben. Vielmehr möchte das Team des Städtischen Museums einen Teil der Exponate regelmäßig austauschen, so dass immer wieder neue Unternehmen im Mittelpunkt stehen. „Ich könnte mir einen halbjährigen Wechsel vorstellen, das ist aber alles nicht fest“, erklärt Axmann. Wenn sich ein Themengebiet als besonders beliebt erweise, solle durchaus die Möglichkeit bestehen, es über einen längeren Zeitraum zu präsentieren. Zusätzlich sind Sie herzlich eingeladen, Vorschläge zu weiteren Themengebieten und Unternehmen zu machen, die Sie bei Ihrem Rundgang vermisst haben.

Ich selbst werde auf jeden Fall noch einmal wiederkommen und nach weiteren interessanten Fakten suchen, mit denen ich Familie und Freund:innen beeindrucken kann. Möglicherweise werde ich dafür sogar außerhalb des Altstadtrathauses fündig. Das Städtische Museum plant als Ergänzung zur Ausstellung nämlich auch zahlreiche Exkursionen rund um das Thema Industriegeschichte. Neben einer Besteigung des Wasserturms auf dem Giersberg soll es unter anderem eine Tour entlang des Ringgleises geben, bei der Sie die ehemaligen Fabrikstätten besuchen. Die Termine zu den einzelnen Veranstaltungen werden noch bekannt gegeben.

Info

Städtisches Museum Braunschweig, Standort Altstadtrathaus
Altstadtmarkt 7
38100 Braunschweig
Öffnungszeiten:
Di. – So. 10:00 bis 18:00 Uhr
Eintritt frei

Alle Fotos: BSM

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