Brunswiek Helau! Nächsten Sonntag schlängelt sich wieder der Schoduvel, der Braunschweiger Karnevalsumzug, mit seinen bunten Motivwagen und Fußgruppen durch die Löwenstadt. Mein persönliches Highlight sind die hübschen Tänzerinnen und Tänzer der Karnevalsvereine in ihren schillernden Kostümen. Schon als kleines Mädchen habe ich davon geträumt, einmal Gardetänzerin zu werden.
Was unterscheidet Gardetanz von anderen Tanzrichtungen? Was bedeutet es aktiv im Karneval zu tanzen? Wie wird der Nachwuchs in den Vereinen gefördert? Auf der Suche nach Antworten auf diese Fragen habe ich mich mit Trainerinnen und Tänzerinnen der Braunschweiger Karneval-Gesellschaft von 1872 e. V. unterhalten und ihnen beim Training über die Schulter geschaut.
Was ist eigentlich dieser Gardetanz?
Während sich die Kinder in der Sporthalle warm machen, erklärt mir Trainerin Svenja Ketelhut erst mal, was das Besondere an der Tanzrichtung Garde ist. Ich denke bei Gardetanz an aufwendige Kostüme, hochgeworfene Beine und Marschmusik. Svenja Ketelhut erklärt mir aber, dass im Gegensatz zu anderen Tanzsportarten vor allem die Mischung aus Tanzen und Turnen besonders ist. Sie macht den Gardetanz körperlich anspruchsvoll und setzt neben Ausstrahlung und Beweglichkeit auch eine gute Kondition und Kraft voraus. Ich bin überrascht, als Svenja Ketelhut mir erzählt, dass sich die Gardeauftritte in den Karnevalshochburgen unterscheiden können: „In Köln wird auf den Prunksitzungen eher die traditionellere Form getanzt, die zur reinen Präsentation dient. Hier in Braunschweig ist der Gardetanz auf der Bühne sportlicher. In manchen Gruppen trainieren wir auch wettkampforientiert.“ Wettkämpfe gibt es in der Tat reichlich: Zwischen Oktober und März finden rund 40 Turniere statt, bei denen sich die Garden für die Norddeutsche Meisterschaft und später die Deutsche Meisterschaft qualifizieren können. 2019 gastiert die Deutsche Meisterschaft bei uns in Braunschweig. Darauf bin ich schon jetzt gespannt.
Voraussetzung für die karnevalistische Tanzkarriere
Während Trainerin Aline Krenge in der Halle mittlerweile mit den Mädchen schwierige Grundelemente wie Spagat und Räder übt, frage ich Svenja Ketelhut, wie man Tänzerin oder Tänzer im Karneval werden kann. „Zunächst einmal entscheidet man sich für einen der drei Vereine in Braunschweig“, erklärt mir die langjährige Tänzerin. „Generell sind die Altersstufen fast überall gleich: Es gibt die Jungendgarde von 6 bis 10 Jahren, die Juniorengarde von 11 bis 14 Jahren und die Ü15-Garde für alle Älteren.“ In den Garden tanzen Jungen und Mädchen gemeinsam, erst im Ü15-Bereich wird dann zwischen weiblicher und gemischter Garde unterschieden. Svenja Ketelhut bestätigt mir, dass ein früher Einstieg natürlich am besten ist. Bei der Braunschweiger Karneval-Gesellschaft von 1872 e. V. gibt es deshalb schon ab drei Jahren die Möglichkeit in der Purzelgarde zu tanzen. Aber auch für alle Älteren gibt es Einstiegsmöglichkeiten, denn die grundlegende Voraussetzung ist immer die Freude am Tanzen.
Diese Freude sollen die Kinder bei ihren großen Auftritten auf den Karnevalssitzungen, aber auch bei den gemeinnützigen Auftritten in Seniorenheimen, weitergeben. „Es ist wichtig für die Kinder zu lernen, dass sie mit dem was sie tun, andere glücklich machen können“, erklärt mir die Trainerin. Als plötzlich die schwungvolle Karnevalsmusik einsetzt und die Kinder mit einem breiten Lächeln herumwirbeln, haben sie es bei mir schon geschafft.
Viele Wege führen in den Karnevalsverein
Da ich weiß, dass Sportvereine oft um Nachwuchs kämpfen müssen, möchte ich von Svenja Ketelhut wissen, ob es im Karneval ähnliche Sorgen gibt. Stolz berichtet sie mir, dass die Vereine im letzten Jahr einige Zugänge verzeichnen konnten. Trotzdem gebe es aber immer noch einen Mangel an Werbung und ein veraltetes Bild vom karnevalistischen Tanzsport. „Gardetanz muss endlich als leistungsstarker Sport angesehen werden und sollte beispielsweise in der Zeitung unter der Rubrik Sport vertreten sein.“
In der Trainingspause setze ich mich zu Rebecca (8 Jahre), Leona (9 Jahre) und Katharine (9 Jahre). Sie erzählen mir, wie unterschiedlich ihre Wege in den Karneval waren. Während Rebecca von einer Freundin vom karnevalistischen Tanzen erfuhr, kam Katharine durch ihre Mutter, die selbst Tänzerin ist, zu dem Sport. Bei Leona war es ganz anders: „Ich habe mit meinem Opa die Kölner Sitzungen geschaut und die Tänzerinnen immer toll gefunden.“ Die drei schwärmen davon, dass ihnen vor allem das Tanzen in der Gruppe, die Auftritte und das Tragen der Kostüme großen Spaß bereiten. „Und Räder schlagen!“, fügt Rebecca noch hinzu. Nach der Pause beobachte ich, mit wie viel Energie und Konzentration die drei ihre komplizierte Choreografie üben – ich bin wirklich beeindruckt!
Besondere Nachwuchsförderung
Am Ende des Trainings sind alle sichtlich erschöpft aber auch zufrieden, da den kommenden Auftritten nun nichts mehr im Wege steht. Als ich mich verabschiede, erfahre ich noch, dass sich die Jugendtrainerinnen der drei Karnevalsvereine entschlossen haben, ihre Kräfte zu bündeln und ein gemeinsames Projekt zur Nachwuchsförderung gestartet haben. Ihr Ziel: Möglichst viele Kinder für den Turniersport begeistern. Neben dem ganzjährigen Training im eigenen Verein sollen die Jugendgarden ab diesem Jahr die Möglichkeit erhalten, einmal in der Woche zusätzlich vereinsübergreifend zu trainieren. Grundlagen und schwierige Bewegungen können so intensiver gemeinsam geübt werden. Aus diesem Stützpunkttraining soll dann die „Welfengarde“ des Komitees Braunschweiger Karneval entstehen, die neben Auftritten auch Meisterschaften bestreiten soll. Erste gemeinsame Probetrainings im vergangenen Jahr waren laut Svenja Ketelhut „toll und die gegenseitige Unterstützung sehr hilfreich.“ Nach den faszinierenden Eindrücken vom Training bin ich gespannt, wie die Mädchen sich entwickeln werden und wünsche mir, sie bei der Deutschen Meisterschaft 2019 auf einem Siegertreppchen zu sehen.
Wer jetzt neugierig auf den Gardetanzsport geworden ist und die Tänzerinnen und Tänzer gerne live sehen möchte, sollte den Schoduvel am 11. Februar nicht verpassen. Für alle Tanzinteressierten wird es zusätzlich kostenlose Schnuppertrainings der Jugendgarden in den jeweiligen Vereinen geben, alle Termine und Ansprechpartner haben wir hier für Sie aufgeführt:
Braunschweiger Karneval-Gesellschaft von 1872 e. V.
Purzelgarde (3 bis 5 Jahre): 26.2., 5.3., 12.3. 16:00 – 16:45 Uhr
Jugendgarde (6 bis 10 Jahre): 26.2., 2.3., 5.3., 9.3., 12.3., 16.3. 17:00 – 19:00 Uhr
Ansprechpartner: Svenja Ketelhut & Alina Krenge
Kontakt: svenja@my-heaven.org
Karneval-Vereinigung der Rheinländer e. V. Braunschweig
Jugendgarde (5 bis 10 Jahre): 28.2., 7.3.,14.3. 16:30 – 18:00 Uhr
Juniorengarde (10 bis 14 Jahre): 26.2., 5.3., 12.3. 18:30 – 20:00 Uhr
Elferratsgarde (ab 15 Jahren): 28.2., 7.3., 14.3. 19:00 – 20:30 Uhr
Ansprechpartner: Janine Schwieger & Sina Reese
Kontakt: jugendbetreuung@kvr-karneval.de
Mascheroder Karnevalgesellschaft Rot-Weiß 1965 e. V.
Ansprechpartner: Jürgen Buchheister
Kontakt: juergen.buchheister@t-online.de
Mehr Beiträge zum Thema Karneval auf dem Löwenstadtblog finden sie hier.
Titelbild: Die kostümierten Gardetänzerinnen der Braunschweiger Karneval-Gesellschaft von 1872 e. V. kurz vor ihrem Auftritt. Foto: Svenja Ketelhut
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