Letzte Woche wurde mit einem bunten Open-Air-Festival das Areal Westbahnhof eröffnet. Da ich noch immer dabei bin, die Löwenstadt Tag für Tag ein wenig näher kennen zu lernen, nutzte ich den Anlass, um diese Ecke Braunschweigs zu entdecken.
Gesagt, getan. Mit dem Bus ging es für mich nach der Arbeit zur Haltestellte Westbahnhof. Hier kreuzt das Ringgleis direkt die Straße. Gleich zu Beginn des Weges fällt mir ein containerartiger Metallbau auf. Dieser gehört zu dem so genannten „Industriepfad“, einem Informationssystem, das die Industriegeschichte Braunschweigs beleuchtet. Insgesamt vier solcher Container gibt es derzeit. Den ersten mit allgemeinen Informationen zum Ringgleis und drei weitere auf dem Areal Westbahnhof, die sich mit den Themen Jödebrunnen und Kontorhaus, Leben und Wohnen sowie Industrie und Arbeit beschäftigen.
Das Braunschweiger Ringgleis
Das Wort „Ringgleis“ läuft einem ja recht schnell über den Weg, wenn man sich mit Braunschweig beschäftigt. Eine Infotafel an dem Container erklärt, was es damit eigentlich auf sich hat. 1884 begann mit der Gründung der Braunschweigischen Landes-Eisenbahn-Gesellschaft der Bau eines Eisenbahnnetzes, das kreisförmig einmal um die Stadt herum verlief und somit die Infrastruktur im Herzogtum Braunschweig verbesserte. Die Lage am Ringgleis war interessant für viele Unternehmen und so schritt der Ausbau des Ringgleises voran bis die Reichsbahn 1938 die Braunschweigische Landes-Eisenbahn-Gesellschaft übernahm. Mit Ende des zweiten Weltkrieges verlagerte sich der Güterverkehr auf die Straße und das Ringgleis verlor an Bedeutung. 2011 entwickelte die Stadt einen Plan, wie das Ringgleis umgebaut und neu genutzt werden soll. Dieser sieht vor, einen zwanzig Kilometer langen Rad- und Fußweg rund um Braunschweig zu errichten. Im westlichen Ringgebiet ist das Ringgleis auf einer Länge von sieben Kilometern bereits fertiggestellt und wird von den Braunschweigern rege benutzt. Ich muss aufpassen, dass ich keinem Fahrradfahrer im Weg stehe. Ein paar Meter weiter in Richtung Westbahnhof, zweigt rechts vom Ringgleis ein Pfad durch ein Birkenwäldchen ab. Dieser führt in den 2014 eröffneten Mehrgenerationenpark.
Mehrgenerationenpark mit Bewegungsparcours
Links und rechts meines Weges stehen verschiedene Elemente, an denen sich Kraft, Geschicklichkeit und Ausdauer trainieren lassen. Obwohl ich hier wirklich noch nie gewesen bin, kommt mir der Park dann doch irgendwie bekannt vor und nach einer Weile fällt mir auch ein, wieso: Den Bewegungsparcours hat ein ehemaliger Kollege bereits getestet.
Jugendplatz mit Skateanlage und Pumptrack
Am Ende des Bewegungsparcours begegnen mir weitere Elemente des Industriepfades und ich entdecke auch den Jugendplatz mit dem brandneuen Pumptrack. Auf der Skateanlage steht eine Bühne und ringsum herrscht buntes Treiben. Viele Kinder und junge Erwachsene sind mit Inline-Skates, Skateboards und Rollern auf der Anlage unterwegs, auf der linken Seite findet ein Graffiti-Workshop statt.
Auch einige BMX-Fahrer fallen mir auf, die Kurs auf den neuen Pumptrack nehmen. Der ist allerdings von dem schlechten Wetter der letzten Woche etwas ausgewaschen und deswegen wohl nicht so gut zu befahren. Ich beobachte eine Weile, wie die Sportler in der Skateanlage ihr Können zeigen und ein paar kleinere Besucher, die zum Glück mit Schonern an allen Gelenken gut ausgerüstet sind, bei ihren ersten Fahrversuchen des Öfteren auf dem Hintern landen. Die Skatelandschaft ist teilweise überdacht und wurde in Form eines Beteiligungsprozesses von Jugendlichen inhaltlich maßgeblich mitgestaltet. Fußballfans können sich auf dem Kunstrasenplatz vor dem Skaterpark austoben.
Auf der Übersichtskarte zum Programm des Westivals war noch der „Garten ohne Grenzen“ verzeichnet, den ich als letztes aufsuche.
Garten ohne Grenzen
Dieser befindet sich an der Blumenstraße und ist ein Projekt, das in Kooperation zwischen der Stadt Braunschweig, der AWO und dem Caritasverband realisiert wurde. Hinter einer Reihe aus hellroten Containern, in denen sich ein Aufenthaltsraum, ein Büro, eine Werkstatt und ein Lager befinden, liegt ein Gartengrundstück, das in mehrere Parzellen unterteilt ist. In einigen davon wurde Gemüse gepflanzt, in anderen wachsen Blumen. Einige scheinen unbepflanzt zu sein oder sehen etwas verwildert aus. Jeder scheint seine eigene, kleine Geschichte zu erzählen und ich würde zu gern wissen, welche Personen jeweils zu den Gärten gehören.
Es dauert auch gar nicht lang, bis ich von einem Mann angesprochen werde, der selbst im Garten ohne Grenzen tätig ist und fragt, ob er mir etwas über das Projekt erzählen kann. Ich erfahre, dass insgesamt 30 Parzellen in dem Garten zur Verfügung stehen, jede davon zwischen zehn und 20 Quadratmetern groß. Der Garten soll sowohl zugewanderten als auch einheimischen Senioren die Chance geben, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Die Benutzung des Gartens ist kostenfrei, auch Werkzeuge werden zur Verfügung gestellt. Wer gern selbst als Gärtner auf einem der Grundstücke tätig werden möchte, kann sich bei der AWO um eine Parzelle bewerben.
Ich bedanke mich für das Gespräch und begebe mich langsam auf den Heimweg. Sehr spannend finde ich, für wie viele Personen- und Altersgruppen das ehemalige Industriegelände nutzbar gemacht wurde. Besonders das Ringgleis hat es mir angetan und ich nehme mir fest vor, im nächsten Jahr den Rundweg mit dem Rad zu erkunden.
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