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Von Braunschweig nach Frankreich

21 Jahre lebte Claudia Laumel mit ihrer Familie in Braunschweig, dann zog es sie nach Frankreich – dem Land, von dem sie schon seit der ersten Französischstunde träumte. Wie es ihr in Frankreich ergeht und was sie an ihrer Heimatstadt Braunschwieg besonders vermisst, erzählt die gebürtige Braunschweigerin hier.

Wahrscheinlich begann mein Frankreich-Abenteuer in der 7. Klasse, mit der ersten Französischstunde an der damaligen Ina-Seidel-Schule. Auf Anhieb habe ich mich in diese wunderschöne Sprache verliebt und mir wurde schnell klar, dass ich irgendwann einmal in diesem Land leben möchte. Ein Land, das mir bis dahin so gut wie unbekannt war, teilten meine Eltern unsere Familienurlaube seit eh und je zwischen Österreich und dem Harz auf. Ich hatte weder Familie noch Freunde in Frankreich, trotzdem fühlte ich damals schon eine magische Anziehungskraft. Bald hatte ich das Abi in der Tasche, und es konnte endlich losgehen! Oder fast …

Meine Eltern überzeugten mich, vor meinem Frankreich-Abenteuer eine Ausbildung zu absolvieren. Und wie das Schicksal so will, habe ich während dieser Ausbildung meine liebe Freundin Marie kennengelernt: eine französische Praktikantin. Marie hat die gemeinsamen Monate genutzt, mir Dinge beizubringen, die man in keinem Französischbuch findet: französische Musik und Liedtexte, französische Rezepte, Lebensgewohnheiten und jede Menge Schimpfwörter.

Jetzt aber: Frankreich, ich komme

Im Juli 1990 es war soweit: „Frankreich, ich komme!“ Mein Auto, in das gerade ein großer Koffer, meine Zeugnisse, ein Reisepass, ein Wörterbuch, ein paar Fotos und ein bisschen Geld passten, brachte mich glücklich und unternehmungslustig in das schöne nach Tours zu meiner Gastfamilie. Alles Weitere sollte sich – so mein Plan – vor Ort ergeben, und das tat es auch.

Ich kam zur Hauptsaison in Frankreich an und fand schnell ein Hotel-Restaurant, das verzweifelt nach deutschsprachigen Aushilfskräften suchte: mein erster Job in meinem Traumland! Nach mehreren Monaten in Frankreich war ich mit den französischen Lebensgewohnheiten vertraut, hatte viele nette Leute kennengelernt und fühlte ich mich selbst schon fast französisch. Auch ich tauchte jetzt morgens mein frisches Baguette in die Kaffeeschale, überquerte die Straßen bei Rot und hörte nicht mehr U2 und Sting, sondern Jean-Jacques Goldman und Francis Cabrel.

Französische Lebensgefühl: Vieux Saint Gilles. Foto: naturallemand

Französische Lebensgefühl: Vieux Saint Gilles. Foto: naturallemand

Als ich mich dann auch noch verliebte (dieses Mal in einen Mann, einen echten Franzosen!), war mein Glück vollkommen. Aber was nun? Eigentlich wollte ich ja nur ein Jahr bleiben und das neigte sich dem Ende zu. Mein Franzose sprach kein Wort Deutsch, und mein Appetit auf Frankreich (und meinen Franzosen) war noch lange nicht gestillt … also bleiben? Wie die Antwort lautete, können Sie sich jetzt bestimmt vorstellen.

Von Tours in die Vendée

Mittlerweile sind nämlich aus dem einen Jahr fast 26 Jahre geworden. Und bald schon hatte ich mich ein drittes Mal verliebt, dieses Mal in den Atlantik! Bei einem unserer vielen Ausflüge haben wir die Vendée entdeckt, einem Landkreis direkt am Atlantik. Seit vielen Jahren gehört dieser nun zu meinem täglichen Anblick, und ich verstehe gar nicht mehr, wie ich so lange ohne das Meer auskommen konnte.

Das Meer tröstet mich auch über das fehlende Stadtleben hinweg. Die vielen Möglichkeiten, die ich in der Jugend nutzen konnte – das reiche Kulturangebot, die Einkaufsmöglichkeiten in der Stadt … das alles fehlt mir manchmal.

Wenn ich dann endlich wieder in meiner Heimat sein kann, stehen einige Dinge auf meinem Pflichtprogramm: als erstes gönne ich mir natürlich ein typisch deutsches Frühstück! Ein noch so knuspriges Croissant kann auf keinem Fall die leckere Vielfalt an herzhaften Brötchen – mit möglichst viel Körnern – ersetzen. Wenn ich auch sonst kein Fleischfan bin, darf dazu ein Stück frisch geräucherter Braunschweiger Mettwurst nicht fehlen! Danach geht es zum Shoppen Schloss Arkaden und das richtige Braunschweig-Feeling erlebe ich immer bei einem Abstecher auf dem Burgplatz, einem meiner Lieblingsplätze. Auch das Magniviertel darf nicht fehlen. Beim Schlendern durch die historischen Gassen werden viele Jugenderinnerungen wach. Waren sie damals mit lustigen Kneipenbesuchen, umgeben von Düften von überbackenem Camembert und Altbierbowle, verbunden, so bewundere ich heute die so typische Architektur und das mittelalterliche Ambiente. Eine Besichtigung mit dem Nachtwächter Hugo ist ein einmaliges Erlebnis!

Nach einigen Tagen Stadt fehlt mir jedoch schnell wieder die Ruhe der Vendée. Und der Kontrast ist wahrlich ernorm: Unser 2.000 Seelen-Dorf ist von Salzwiesen, Sümpfen und Dünen umgeben. Natur pur. Die herrlichen Landschaften, das typische Ambiente der kleinen Fischerhäfen und Strandbäder lassen keinen Platz für Stress und Hektik. Wenn ich abends wieder einmal einen stimmungsvollen Sonnenuntergang am Meer miterlebe, ist die Erinnerung an den Arbeitstag schnell verflogen. Habe ich Lust auf Fisch, Meeresfrüchte, Obst oder Gemüse aus lokalem Anbau, gibt es das täglich frisch auf dem Markt. Bei Badewetter geht’s mit dem Rad an den Strand … Was für viele Urlaub bedeutet, ist für mich zum Alltag geworden.

Oft begleitet Claudia Laumel auch deutsche Gruppen bei ihren Ausflügen. Foto: Claudia Laumel

Oft begleitet Claudia Laumel auch deutsche Gruppen bei ihren Ausflügen. Foto: Claudia Laumel

Wer meine Umgebung etwas genauer kennenlernen möchte, den lade ich gerne zu einem Besuch auf meiner zweisprachigen Facebookseite natur’allemand ein.

A bientôt!
Claudia

Artikelbild: Claudia Laumel

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