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Kopf und Kragen

Ich treffe mich mit Finn Bostelmann und Marcel Pollex von Kopf und Kragen zum Interview in einem Café. Finn Bostelmann ist ein Erzähler. Er erzählt von Dingen aus dem Alltag, manchmal ein wenig überspitzt. Und er trägt Performance-Texte vor. Marcel Pollex ist Autor, er schreibt Satire, Short-Cuts, Romane. Und Bühnenliteratur. Zusammen bilden sie mit dem Musiker Sven Waida die Lesebühne Kopf und Kragen. Wobei, es fehlt noch der feste und von den dreien hoch geschätzte Sidekick: Roland Kremer gehört seit der dritten Ausgabe als Gast/Moderator/Helfer/Störer/… fest zum Ensemble der Lesebühne – je nachdem, welche Aufgabe die vier für ihn finden.

Marcel Pollex trägt vor allem Satirisches vor. Foto: Andreas Reiffer

Marcel Pollex trägt vor allem Satirisches vor. Foto: Andreas Reiffer

Kopf und Kragen heißt die Lesebühne in der KaufBar deshalb, weil sich nicht nur um Kopf und Kragen geredet wird, sondern weil bei Kopf immer auch die Assoziation des Denkens mitschwingt. Der (Hemd-)Kragen wiederum erinnert die Autoren an Stil und Eleganz und so ist Kopf und Kragen das Denken mit Stil. Wer wie ich schon eine Veranstaltung besucht  hat, der weiß, dass ein großer Teil der Bühnenshow aber auch der Redensart „sich um Kopf und Kragen reden“ geschuldet ist. Auf der Bühne scheint ein kreatives Durcheinander zu herrschen, dabei sind die lockeren Sprüche und kleinen, witzigen Einspieler oft einstudiert und vorher geprobt. „Vieles entsteht aber auch spontan auf der Bühne, aus der Situation heraus“, sagt Marcel Pollex.

Im Gespräch erzählt er, dass die Leseveranstaltung für ihn ein laufendes Experiment ist. Deshalb, weil die vier eigentlich Dinge machen, die für eine Lesebühne ungewöhnlich sind. Sie versuchen immer, das Publikum mit einzubeziehen – mit Umfragen oder Spielereien zum Beispiel. „Die Gefahr dabei ist, dass das Publikum die Idee zu experimentell findet und nicht mitmacht.“

Lyrik ist die Stärke von Finn Bostelmann. Foto: Andreas Reiffer

Lyrik ist die Stärke von Finn Bostelmann. Foto: Andreas Reiffer

Eine Lesebühne, so muss man wissen, ist eine literarische Veranstaltungsform, bei der ein festes Autorenteam regelmäßig selbst verfasste Texte vorträgt, oft am selben Ort. Kopf und Kragen erweitert diese Vortragsform mit Sven Waida um musikalische Darbietungen und um die oben angesprochenen Experimente. Sven Waida, der während des Interviews leider nicht dabei sein kann, ist übrigens einer der besten Jazzmusiker, die ich in Braunschweig erlebt habe. Er ist Pianist, spielt Gitarre, Akkordeon, Percussions, einen Gong und noch mehr Instrumente. Die Stücke komponiert er selbst, nur manchmal spielt er auch Coverversionen, dann aber ungewöhnliche: Wrecking Ball von Miley Cyrus auf dem Gong zum Beispiel. Großartig.

Entstanden ist Kopf und Kragen, als sich Marcel Pollex und Finn Bostelmann kennenlernten. Der eine war als Autor bei der Lesebühne Bumsdorfer Auslese Mitglied, der andere trieb sich auf Poetry Slams herum, hatte aber mehr und mehr Lust, zu einem festen Ensemble zu gehören. Nachdem die Bumsdorfer Auslese sich aufgelöst hatte, fassten die beiden den Entschluss, eine eigene Lesebühne zu gründen. Sven Waida kannten sie von einem Gastauftritt bei der Bumsdorfer Auslese und weil ihnen seine Musik so gut gefiel, wurde er als drittes Mitglied verpflichtet.

Jedes Mal aufs Neue überrascht Sven Waida mit einem neuen Instrument. Foto: Andreas Reiffer

Jedes Mal aufs Neue überrascht Sven Waida mit einem neuen Instrument. Foto: Andreas Reiffer

Alle drei Monate stehen die drei seitdem auf der Bühne und lesen ihre Texte vor oder spielen ihre Kompositionen. Immer neue Texte, immer neue Musikstücke. Und das, obwohl alle drei berufstätig sind. Ihre Texte sind ganz unterschiedlich, mal gereimt, mal satirisch, mal witzig, mal traurig. „Wir müssen dem Publikum nicht gefallen, wir sind sowieso in der nächsten Runde “, sagt Finn Bostelmann mit einem Lachen und spielt dabei auf Poetry Slams an, bei denen das Publikum darüber entscheidet, ob ein Autor noch einmal auf die Bühne darf. „Dadurch hat man sicherlich mehr Freiheiten, kann mal einen siebenminütigen Text machen oder auch mal nur zwei Minuten lesen – ohne dass das Publikum buht. Und wir können wir auch mal ernster sein oder unbequeme Texte lesen.“

Die etwa fünfzig Sitzplätze in der KaufBar waren voll besetzt, als ich die zehnte Jubiläumsausgabe von Kopf und Kragen besucht habe, einige Zuspätgekommene standen sogar am Rand. Einen bestimmten Besuchertypus konnte ich dabei nicht ausmachen. „Unser Publikum ist sehr gemischt, wir sprechen junge Leute an, aber auch Besucher weit über Sechzig. Gerade bei der letzten Veranstaltung hatte ich das Gefühl, dass neben unserem Stammpublikum auch viele neue Zuschauer gekommen sind“, sagt Marcel Pollex.

Kopf und Kragen XI

findet am 4. Dezember 2015 in der DRK Kaufbar statt. Beginn ist um 20:30 Uhr, der Eintritt kostet 5 Euro.

Das Publikum in der KaufBar hört gespannt zu. Foto: Andreas Reiffer

Das Publikum in der KaufBar hört gespannt zu. Foto: Andreas Reiffer

Artikelbild: Andreas Reiffer

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