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Eine Pille für die Kuh

Studierende der Biologie und Biotechnologie an der Technischen Universität Braunschweig wollen mit ihrem Projekt zum Abbau von Methan in Kuhmägen einen Beitrag gegen die Erderwärmung leisten – und gewinnen. Sie treten nämlich beim internationalen iGEM-Wettbewerb am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston an, dem renommiertesten Studierendenwettbewerb für synthetische Biologie. Anna Wronska, Sprecherin des Teams, berichtet über die Vorbereitungen auf den Wettbewerb.

Gruppenfoto Neu

Das iGEM-Team: Hinten von links: Niels Werchau, Oliver Konzock, Torsten Meyer (Betreuer), Christian Sigismund. Mitte von links: Carsten Ludwig, Steffen Lippold, Lukas Platz, Nils Birkholz. Vorne von links: Zen-Zen Yen, Maren Wehrs, Anna Wronska, Melanie Philippi, Rüdiger Busche. Foto: iGEM

Wir, das sind zwölf Studierende der Biologie und Biotechnologie der TU Braunschweig, nehmen am iGEM-Wettbewerb für synthetische Biologie teil, der seit zehn Jahren vom MIT in Boston ausgetragen wird. Kurz vor dem großen Finale kommen Stress und Aufregung, aber auch eine Erkenntnis …

Im letzten Jahr haben wir so viel erlebt. Wir sind gemeinsam durch Höhen und Tiefen gegangen, haben gelacht, geweint, viel gearbeitet und uns auch in den Haaren gehabt. Und jetzt stehen wir kurz vor dem großen Finale. Viele fragen uns: Warum macht ihr das eigentlich?

iGEM ist ein Wettbewerb, der den teilnehmenden Teams das Ziel setzt, aktuelle Probleme mit Hilfe der synthetischen Biologie zu lösen. Er hat in den letzten zehn Jahren große internationale Bekanntheit erlangt, doch hinter dem Konzept steckt viel mehr. Eine große Community, in der sich alle Teams rund um den Globus vernetzen und austauschen können, das macht iGEM im Grunde aus. Die Freundschaften, die entstehen, bilden häufig den Schlüssel für die weitere Karriere – eine Gelegenheit, die nicht zu vernachlässigen ist. Neben dem Knüpfen von Kontakten steht der Spaß bei iGEM im Vordergrund, das ist auch ein Medaillenkriterium! Im Team soll mit Spaß Wissenschaft betrieben und ganz nebenbei eine Lösung für die unterschiedlichsten Probleme gefunden werden.

Wir, eines von 245 iGEM-Teams, haben uns dieses Jahr etwas Besonderes ausgedacht. Etwas mit Wiedererkennungswert. Wir wollen den Klimawandel stoppen! Bis jetzt nichts Besonderes. Mit der Verhinderung der Klimaerwärmung beschäftigen sich tausende Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Es wird über CO2-Einsparungsmaßnahmen, Recycling-Methoden, Erneuerbare Energien und vieles mehr gesprochen. Doch wir haben uns einen Klimakiller ausgesucht, der eigentlich gar nichts dafür kann. Die Kuh! Jede der 1,5 Milliarden Rinder und Milchkühe auf der Welt stößt 300 Liter Methan am Tag aus. Und Methan ist ein klimaschädigendes Treibhausgas. Der Treibhauseffekt wird verstärkt und das Klima verändert sich. Die Schuld an dem Dilemma trägt aber eigentlich nicht die Kuh, sondern der Mensch. Wie eine unserer Umfragen bestätigt, wollen die wenigsten auf ihre tägliche Fleischportion und Milchprodukte verzichten. Mit der großen Nachfrage an diesen Produkten steigt auch die Zahl der Kühe. Wir haben uns gefragt, ob es eine schnellere Lösung gibt, als mehrere Millionen Menschen zum Umstellen ihrer Essgewohnheiten zu bewegen. Schließlich kommt der Tag, an dem alle Gletscher geschmolzen sind, schneller als man denkt.

Hinten von links: Rüdiger Busche, Nils Birkholz, Oliver Konzock Vorne von links: Maren Wehrs, Zen-Zen Yen, Melanie Philippi, Anna Wronska, Carsten Ludwig. Ohne Name: Kuh. Foto: iGEM Braunschweig

Hinten von links: Rüdiger Busche, Nils Birkholz, Oliver Konzock
Vorne von links: Maren Wehrs, Zen-Zen Yen, Melanie Philippi, Anna Wronska, Carsten Ludwig. Ohne Name: Kuh. Foto: iGEM Braunschweig

Unsere Idee: eine Pille für die Kuh. Was die bewirken soll? In der Pille befindet sich ein E.coli-Bakterium, das von uns über die Sommermonate mit einem methanabbauenden Enzym ausgestattet wurde. Unser neues E.coli-Bakterium ist also in der Lage, schon im Magen der Kuh das dort entstehende Methan abzubauen. Das klimaschädigende Gas verlässt also erst gar nicht die Kuh. Viele Stunden im Labor waren nötig, bis wir tatsächlich unsere funktionstüchtige Pille in den Händen halten konnten. Bis sie in der Kuh wirklich Anwendung findet, ist noch viel Forschung notwendig, ähnlich wie bei einem Arzneimittel für Menschen. Doch wir sind zuversichtlich, dass unsere Idee weitergesponnen wird und wir etwas gegen den Klimawandel tun können.

Jetzt sind es nur noch ein paar Tage, bis wir nach Boston ans MIT fliegen und unser Projekt einer Jury aus internationalen Professoren vorstellen. Und wir haben noch einiges vorzubereiten: Ergebnisse fieberhaft zusammensuchen, eine mitreißende Präsentation erarbeiten, ein ansprechendes Poster gestalten. In diesen Tagen wird uns allen bewusst, was in stressigen Phasen oft untergegangen ist: Wir sind ein Team! Wir ziehen an einem Strang und arbeiten Hand in Hand. Eine wertvolle Erkenntnis, die wir alle in diesen Tagen gewinnen. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass in den USA beim großen Finale alles gut geht und wir für all unsere Mühen belohnt werden. Aber auch, wenn es mit dem Preis nicht klappt, haben wir dennoch längst etwas gewonnen: Eine tolle Zeit in einem tollen Team!

(Text: Anna Wronska, Artikelbild: Stehend von links: Nils Birkholz, Rüdiger Busche, Christian Sigismund, Oliver Konzock, Maskottchen Kuh Carola, Lukas Platz, Steffen Lippold, Carsten Ludwig. Sitzend von links: Melanie Philippi, Anna Wronska, Zen-Zen Yen, Maren Wehrs. iGEM Braunschweig)

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