Suchbegriff eingeben:

Vom Finden und Zurückgeben der Dinge

Jürgen Bierdemann und Werner Prahs arbeiten im städtischen Fundbüro. Hier erzählen sie aus ihrem Arbeitsalltag. Annika Petersohn protokolliert.

„Beide haben wir eine Verwaltungsausbildung bei der Stadt gemacht, beide sind wir mehr oder minder zufällig hier gelandet. Wir arbeiten seit über 20 Jahren beim Fundbüro und uns ist immer noch keinen Tag langweilig. Hinter jeder Sache, die gefunden wird, steckt eine Geschichte. Man glaubt es teilweise gar nicht, was den Leuten alles passiert. Das würden sie woanders nicht erzählen, weil es ihnen zu peinlich wäre. Für RTL war das sogar so interessant, dass sie uns vor ein paar Jahren eine Anfrage gestellt haben, unsere Arbeit in einer Art Dokusoap zu begleiten. Wir haben aber abgelehnt.

Die beiden Herren vom Fundbüo: Werner Prahs und Jürgen Bierdemann (re.). Foto: BSM

Die beiden Herren vom Fundbüo: Werner Prahs und Jürgen Bierdemann (re.). Foto: BSM

Zu uns kommen alle Dinge, die draußen verloren und gefunden werden. Von A wie Autoradio bis Z wie Zahnspange. Am häufigsten landen bei uns Geldbörsen oder Papiere, Schlüssel, Smartphones und Fahrräder. Jetzt fragen Sie sich sicher: Moment mal! Wer verliert denn sein Fahrrad? Sie haben Recht – ein Fahrrad verliert man normalerweise nicht. In der Regel handelt es sich bei den Fahrrädern hier um Diebstahlgegenstände, die nach der Aufnahme des Falls durch die Polizei, in unserem Lager landen.

Wir betreuen auch das Fundbüro 2.0. Im Internet führen wir eine Veröffentlichungsliste aller Fundgegenstände, die bei uns auftauchen. Wenn man beispielsweise bei einer Shopping-Tour neue Kleidung gekauft und dann die komplette Tüte irgendwo draußen stehen lassen hat, kann man hier nachschauen, ob sie gefunden wurde.  Wir hatten auch schon mal eine goldene Rolex hier, die der Träger beim Joggen verloren hat. Grundsätzlich möchten wir allen raten, persönlich bei uns vorbeizukommen, das macht die Identifikation der Verlustsache erheblich einfacher und in manchen Fällen, besonders bei Schlüsseln, auch erst möglich.

Kommt Ihnen einer bekannt vor? Foto: BSM

Kommt Ihnen einer bekannt vor? Foto: BSM

Nach dem Wochenende trudeln besonders viele Smartphones ein, überwiegend von Jugendlichen, die nicht aufgepasst haben. Gibt ein Finder das Handy ab, versuchen wir den Besitzer ausfindig zu machen. Mittels der IMEI, einer fünfzehnstelligen Identifikationsnummer, gehen wir auf die Suche. Liegt zu der Nummer eine Verlustanzeige bei uns vor, kontaktieren wir den Besitzer, wenn nicht, leiten wir sie an die Kripo weiter. Die können im Fahndungscomputer deutschlandweit nachsehen, ob es irgendwo als gestohlen gemeldet wurde. Ein bisschen schade finden wir, dass viele gar nicht auf die Idee kommen, bei uns nachzufragen. Es gibt auch Leute, die haben das Handy Freitagnacht beim Feiern verloren und kaufen sich direkt ein neues, wenn es bis Montag früh noch nicht hier abgegeben wurde. Bei drei Tagen ohne Handy fühlen sie sich nur noch wie ein halber Mensch.

Fundsachen werden bei uns übrigens ein halbes Jahr aufbewahrt. Können wir den Besitzer in dieser Zeit nicht ermitteln, hat der Finder Anspruch. Möchte er sein Fundstück annehmen, zahlt er eine Verwaltungsgebühr, die sich nach dem Wert richtet. Bei Geräten mit Datenträgern kommen noch 20 Euro für die Datenlöschung dazu. Lehnt der Finder ab, vernichten wir einige Dinge, insbesondere Schlüssel, verschenken andere an wohltätige Einrichtungen oder versteigern sie. Eine Fahrradversteigerung führen wir selbst zweimal im Jahr durch, Kleingegenstände versteigert eine externe Firma auf Online-Auktionen.

Ungefähr 600 Fahrräder pro Jahr landen im Fundbüro, weil der Eigentümer nicht ermittelt werden konnte. Foto: BSM

Ungefähr 600 Fahrräder pro Jahr landen im Fundbüro, weil die Eigentümer nicht ermittelt werden konnten. Foto: BSM

Uns gefällt an der Arbeit im Fundbüro, dass wir relativ frei arbeiten können und kein Tag wie der andere ist. Man weiß nie, wer heute vor einem steht. Manchmal ist auch ein Schmankerl dabei, da freuen wir uns besonders bei der Rückgabe. Letzte Woche zum Beispiel wurde ein Portemonnaie von einem Eintrachtspieler gefunden und gestern landete eine Börse von einer Fussballspielerin vom VFL Wolfsburg auf unserem Schreibtisch. Eine bestimmte Zielgruppe haben wir nicht, von 8 bis 88 ist alles dabei.

Unser Aufgabenfeld ist vielfältig. Technisches Know-How spielt eine Rolle bei unserer Arbeit. Neben der Computerarbeit wie Fundsachen aufnehmen, Nachfragen bearbeiten, und dem Austausch mit der Polizei und anderen Behörden, müssen wir uns mit allem ein bisschen auskennen: Smartphones, Schmuck, Recht … und mit Menschen. Die Leute reagieren oft extrem, gerade wenn der verlorene Gegenstand einen hohen ideellen Wert hat. Bei der Rückgabe hüpfen manche Besitzer fast vor Freude und wollen uns am liebsten knuddeln. Manche sind auch beklaut oder überfallen worden. In so einem Fall geben wir ein paar Tipps, wie man ein weiteres Mal vermeiden kann. Es sind somit auch soziale Kompetenzen gefragt. Wir sagen immer, die Arbeit hier ist wie eine Schule fürs Leben.

Also, wenn Sie auf den Straßen Braunschweigs mal etwas verloren haben, geben Sie nicht so schnell auf und kommen Sie einfach bei uns vorbei.“

Information

Richard-Wagner-Straße 1
38106 Braunschweig

Öffnungszeiten: Mo. 8 – 13 Uhr, 14 – 18 Uhr; Di. bis Fr. 9 – 13 Uhr

 

 

Keine Kommentare

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind markiert *. Bitte beachten Sie unsere Netiquette und unsere Datenschutzerklärung.