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Ich seh den Sternenhimmel …

Ein Blick in den Sternenhimmel. Auf dem Bild sind die Sternenbilder markiert: Ursa Major, Ursa Minor Cassiopeia, Cepheus, Draco, Cygnus, Lyra, Sagitta, Bootes, Hercules, Corona Borealis, Ophiuchus.

… Sternenhimmel, Sternenhimmel oh ooh.

Ich bin auf dem Weg nach Hondelage und in meinem Kopf fleht Hubert Kah die Sterne an. Anders als Hubert Kah glaube ich nicht daran, dass die Sterne mir etwas über Liebe sagen können – trotzdem fasziniert mich der Sternenhimmel. Wussten Sie, dass die meisten Sterne Milliarden Jahre alt sind. Und wir Sterne sehen können, die längst erloschen sind? Deshalb befinde ich mich jetzt auch auf dem Weg nach Hondelage zur Hans-Zimmermann-Sternwarte.

Hier treffe ich heute zwei Männer, die vom Sternenhimmel ebenfalls nicht genug bekommen können: Ingo von Borstel und Bernd Hartwig, zwei Mitglieder des Vereins Sternfreunde Braunschweig-Hondelage e. V. Die Sternwarte liegt vom Parkplatz kommend etwas versteckt auf dem Gelände der Grundschule neben dem NaturErlebnisZentrum. Kaum vorstellbar, dass man von hier ins All schauen kann, denke ich noch. Bis ich die Kuppel zwischen den Bäumen entdecke. Ingo von Borstel und Bernd Hartwig nehmen mich zuerst mit ins Innere dieser Kuppel. Hier befindet sich das Herzstück, ein Cassegrain-Teleskop, computergesteuert und mit einer parallaktischen Montierung, um die Drehung der Erde auszugleichen. Bernd Hartwig dreht die Kuppel und öffnet die Luke, die sich wie eine Zunge nach außen streckt. Durch die rechteckige Öffnung scheint der blaue Himmel hinein.

Unsichtbares sichtbar machen

An seinem Computer stehend beginnt Bernd Hartwig, mir technische Dinge zu erklären, aber als er mein fragendes Gesicht sieht, schaltet er sofort in den Erklär-Modus: „Dieses Teleskop hat einen Spiegel mit einem Durchmesser von 50 Zentimetern und eine Brennweite von fünf Metern. Zum Vergleich: Die meisten Kameras haben eine Brennweite von 35 bis 50 Millimetern. Mit unserem Teleskop können wir also Objekte sehen, die zehntausendmal weniger hell sind als wir mit dem bloßen Auge erkennen können.“ Die Software, mit der das Teleskop gesteuert wird, ist im Verein selbst programmiert worden. „Damit können wir jeden Punkt im Himmel ansteuern und ihn fotografieren“, ergänzt Bernd Hartwig mit leuchtenden Augen.

In goldenes Licht getaucht ist das Teleskop zu sehen.
Das Herzstück der Sternwarte Hondelage: das Cassegrain-Teleskop. Foto: Michael Schomann

Ingo von Borstel sagt, die meisten Menschen denken, in der Sternwarte würden vor allem Sterne beobachtet. Ich fühle mich ertappt. „Dabei interessieren wir Astronomen uns vor allem für das, was zwischen den leuchtenden Sternen liegt. Kosmische Nebel, Gaswolken, die Andromeda-Galaxie, Planeten, Mondkrater … Eben alles, was für unser Auge unsichtbar ist.“ Ein Höhepunkt ihrer Zeit als Sternenbeobachter, so versichern mir beide mit glänzenden Augen, sei allerdings ein ganz seltenes astronomisches Ereignis gewesen: „2004 und 2012 hat die Venus die Sonne passiert. Das kommt das nächste Mal wieder im Jahr 2117 vor. Wir werden es wohl beide nicht mehr erleben. Das ist etwas ganz Besonderes im Leben eines Hobby-Astronomen.“

Von neun Astronomie-Freunden bis zur Sternwarte

Die Geschichte der Sternwarte reicht zurück bis ins Jahr 1982. Neun astronomiebegeisterte Freunde trafen sich regelmäßig, um gemeinsam in den Himmel zu schauen. Zwei Jahre später gründeten sie den Verein Sternfreunde Braunschweig-Hondelage e. V. mit dem Ziel, die volkstümliche Astronomie zu fördern, wie es so schön heißt. Zuerst trafen sich die Vereinsmitglieder in Hondelage, später in Wendhausen, wo 1987 eine Beobachtungsstation entstand. Jahre später entschieden sich die Vereinsmitglieder eine Sternwarte zu bauen. Sie planten, sammelten Sponsoren und konnten so 2004 die Sternwarte auf dem Gelände der Grundschule Hondelage eröffnen.

Sie ist nun Dreh- und Angelpunkt der Sternfreunde aus Braunschweig – wenn die Pandemie nicht wäre. Denn derzeit finden die Astronomie-Treffen ausschließlich digital statt. Was sonst in der Sternwarte los ist, kann ich beim Blick in den Veranstaltungskalender nur erahnen. Da gibt es die wöchentlichen Vereinsabende, die Treffen der astroKids, die Teleskop-Gruppe und monatlich den Besucherabend. Nicht zu vergessen die Schul-AGs, die normalerweise auch vormittags für Trubel in der Sternwarte sorgen.

Im vorderen Bildteil stehen allein oder zu zweit Astronomie-Freunde und schauen zur Sternwarte, die sich im hinteren Bildteil befindet.
Ein Blick gen Himmel – im doppelten Sinn. Am Himmelfahrtswochenende fand ein Gottesdienst auf dem Gelände der Sternwarte statt. Foto: Michael Schomann

Astronomie mit vielen Anknüpfungspunkten

„Die Astronomie ist eine Wissenschaft mit vielen Anknüpfungspunkten“, sagt Ingo von Borstel. „Jemand, der sich in irgendeiner Form für Wissenschaft interessiert, der findet mindestens ein astronomisches Thema, das dazu passt. Ob Raumfahrt, Technik, Physik, Optik oder Fotografie …“. Ich merke, jede und jeder im Verein hat eine andere Sichtweise auf das Hobby Astronomie und alle bringen ihre eigenen Interessen mit. Bernd Hartwig ergänzt: „Mich motiviert neben der Technik auch die Arbeit mit den Menschen, die hierherkommen. Wir decken viel ab, vom Pampersalter bis zu den Rentnern – von vier bis 94 Jahren. Und da haben wir in Braunschweig viel von unserem Gründervater Hans Zimmermann gelernt, der wirklich alle begeistern und mitnehmen kann – egal wie groß die Gruppe ist, egal wie alt die Zuhörerinnen und Zuhörer sind.“

Die Sternwarte hat keinen wissenschaftlichen Auftrag und wird ehrenamtlich betrieben – das kann bei all dem technischen Gerät und dem großen Wissensschatz mit dem Ingo von Borstel und Bernd Hartwig glänzen, schnell vergessen werden. Weil die Stadt das Gelände für die Sternwarte aber zur Verfügung gestellt hat, können Schulen mit ihren Schülern in Sternwarte Unterrichtsstunden abhalten, was vor der Pandemie auch rege betrieben wurde. „Wir beobachten, dass in Schulen wenig experimentiert wird“, sagt Bernd Hartwig. „Schülerinnen und Schüler können bei uns ganz praxisnah über Optik, Linsen und Beleuchtung lernen.“ In jedem Jahrgang gab es Schüler:innen, die sich mehr mit der Astronomie beschäftigen wollten und der Sternwarte treu geblieben sind. So entstanden die AstroKids. Einmal die Woche treffen sich die Kinder und Jugendlichen und gehen gemeinsam astronomischen Themen nach. „Hier engagiert sich unser Mitglied Rudi Michalik sehr, der das so toll macht, dass er dafür sogar schon Preise für seine Jugendarbeit bekommen hat“, erzählt Ingo von Borstel nicht ohne Stolz.

Das nächste astronomische Ereignis

Noch ist die Sternwarte im Pandemiemodus, aber die Mitglieder bieten auch virtuelle Angebote an. Zur anstehenden partiellen Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021 ist geplant, einen Livestream auf dem Youtube-Kanal der Sternwarte zu zeigen. Bernd Hartwig warnt noch davor, selbst in die Sonne zu schauen: „Wir sagen immer, man kann den Fehler nur zweimal machen: Einmal mit dem linken und einmal mit dem rechten Auge. Ins direkte Sonnenlicht zu sehen, ist sehr gefährlich. Da hilft auch keine Schweißerbrille und erst recht keine Sonnenbrille, das geht nur mit besonderen Schutz.“ Ich schreibe es mir hinter die Ohren und schalte auf jeden Fall den Livestream ein.

Wenn Sie jetzt auch Lust bekommen haben, sich mit dem Sternenhimmel über Braunschweig zu befassen, dann schauen Sie ganz einfach auf der Webseite der Sternwarte nach Terminen und Angeboten. Über neue Gesichter freuen sich die Vereinsmitglieder immer sehr.

Informationen

Sternfreunde Braunschweig-Hondelage e. V.
In den Heistern 5b
38108 Braunschweig
www.hans-zimmermann-sternwarte.de

Beitragsbild: Der Sternenhimmel über Honelage. cc-by: Ingo von Borstel

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