Was ist eigentlich schön? Diese Frage beschäftigt die Menschheit schon seit jeher. Dabei gibt es viele verschiedene Definitionen von Schönheit. Jede Epoche hatte ihre ganz eigenen Vorstellungen vom Schönheitsideal, das sich im Laufe der Zeit stets gewandelt hat. Näheres darüber möchte ich bei meinem Besuch in der Ausstellung „Eva’s Beauty Case und Adam’s Necessaire“ im Landesmuseum erfahren. Ich bin mit Dominique Ortmann, Projektleiterin der Ausstellung, verabredet. Mit ihr zusammen unternehme ich heute eine kleine Zeitreise in die Welt der Beauty-Täschchen, Parfumflakons und Perücken der vergangenen Jahrhunderte. Noch bis zum 12. August zeigt die Ausstellung, wie facettenreich Schönheit sein kann. Das Braunschweigische Landesmuseum kooperiert dabei mit dem LVR-Landesmuseum Bonn, welches die Ausstellung 2016 konzipiert hat. Neu bei der Braunschweiger Ausstellung ist neben zusätzlichen Exponaten und originalen Fundstücken aus der Löwenstadt auch der Titelzusatz „Adam’s Necessaire“. Denn schließlich haben auch Männer, wie ich bald feststellen werde, schon in der Urzeit sehr auf ihr Äußeres geachtet.
Zeitlos schön
„Bereits vor 40.000 Jahren schmückten sich die Menschen mit Kleidung und Accessoires, frisierten sich, benutzten Parfüms oder trugen gar Tattoos“, erzählt mir Dominique Ortmann. „Schönheit galt damals als Indiz eines guten Charakters. Jemandem, der nicht dem aktuellen Schönheitsideal entsprach, wurde schnell ein schlechter Charakter zugeordnet“, fügt sie hinzu. Wir befinden uns im ersten Ausstellungsraum. Das Licht ist angenehm gedimmt, nur die Vitrinen mit Schmuckstücken und Pflegeaccessoires sind hell beleuchtet. Schon in der immer ging von Schmuck eine Faszination aus. Kein Wunder, ist er doch wunderbar zeitlos. Das ein oder andere Ausstellungsstück, könnte durchaus auch in modernen Modeläden zu finden sein. Die Ringe und Armbänder sind aus den einfachsten Materialien gefertigt und doch unterscheiden sie sich in ihrer Grundform kaum von den heutigen, außer, dass sie mal mehr oder weniger verziert waren. Während der Schmuck im 17. Jahrhundert eher schlicht war, trug man ihn ab dem 18. Jahrhundert gerne aufwendig verziert und um das 19. Jahrhundert galt die Devise: je auffälliger, desto besser. Jedoch konnte sich nicht die gesamte Bevölkerungsschicht damit schmücken. Wir kommen vorbei an einer Vitrine mit Geschmeide, Kleiderbürsten und Schminkutensilien aus dem Paris des 19. Jahrhunderts. Die Ausstellungsstücke sind vergoldet und mit Miniaturmalereien versehen. „Diese Exemplare waren den etwas betuchten Leuten vorbehalten, die normalen Bürger konnten sich diesen Luxus nicht leisten“, erzählt mir Dominique Ortmann.
In der Löwenstadt gerne getragen
Eine regionale Besonderheit ist der Bohnenschmuck. „Er heißt so, weil die einzelnen Elemente bohnenförmig sind“, erklärt mir die Projektleiterin. Die Glieder sind aus Silberblech oder Silberfiligran gearbeitet und teilweise vergoldet. „Man hat den Bohnenschmuck Mitte des 18. Jahrhunderts gerne mit Trachten kombiniert. Um 1860, mit dem Niedergang der Trachten, wurde auch der Bohnenschmuck nicht mehr getragen“, erklärt Dominique Ortmann. Weit verbreitet in der Löwenstadt war zu dieser Zeit auch der Bernstein. Die bis zu fünf Zentimeter dicken Steine wurden poliert oder mit Facettenschliff versehenen und auf einen Faden aufgezogen. An einer Mitmachstation kann ich mir sogar meinen eigenen Bernstein nach Belieben zurecht schleifen und auf eine Kette fädeln.
Die Schönheit im Gepäck
Schön, wenn man im heimischen Schmuckkästchen seine liebsten Accessoires beisammenhat, doch was ist, wenn man auf Reise geht? Besonders für Männer auf Geschäftsreisen, war das gepflegte Äußere eine Herausforderung. Ja, Sie lesen richtig – auch Männer hatten ihren ganz eigenen Beauty-Case dabei. Der nächste Ausstellungsabschnitt widmet sich deshalb ganz den praktischen Reisetäschchen und ich muss feststellen: Auch sie unterliegen einem Wandel. Während sie im frühen 19. Jahrhundert klein und kompakt waren, gewannen sie mit der Zeit an Volumen. Ab 2001 ging dieser Trend jedoch wieder zurück. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September gab es vermehrt nur noch kleinere Exemplare im Handel, da es fortan nicht mehr erlaubt war, bei Flugreisen Flüssigkeiten in großen Mengen mitzuführen.
Schönes Haupt
Der Ausstellungsweg führt mich nun in den sogenannten Friseursalon. Das Haar und seine Pflege waren für Menschen beider Geschlechter stets wichtig. Für den Mann waren eine volle Haarpracht und eine besondere Frisur immer auch ein Zeichen von Macht und Attraktivität. Frauen schmückten ihr Haar gerne mit Spangen und aufwendigen Frisuren. Sogar Haarfärbetechniken wandten sie bereits im 19. Jahrhundert an. In den Vitrinen kann ich nun Scheren, Messer und Pinzetten der vergangenen Jahrhunderte bewundern und ich muss feststellen: Es wurde scheinbar schon damals rasiert und gezupft, was das Zeug hält. „Zum Schärfen der Klingen wurden Streichriemen, bevorzugt aus Leder genutzt“, zeigt mir Dominique Ortmann. Neben Rasiermessern kamen seit dem 20. Jahrhundert dann elektrische Rasierapparate zum Einsatz. Damals wie heute ahmte man oft das Haarstyling der Idole nach: Damals waren die Vorbilder Kaiserinnen und Kaiser – heute Prominente.
Im letzten Raum angekommen, wird es dann etwas zeitgenössischer. Auf verschiedenen Bildschirmen laufen Interviews von Braunschweiger Bürgerinnen und Bürger. Auf einem davon erzählt die Braunschweigerin Alina Grand, was für sie Schönheit bedeutet. Die Fitness-Bloggerin erklärt in dem Video, woher ihre Motivation für das professionelle Fitnesstraining kommt und was ihre nächsten Ziele sind. Besonders interessant finde ich auch das Interview eines blinden Braunschweiger Ehepaars. Sie haben eine eigene, ganz andere Definition von Schönheit und lassen mich mein eigenes Schönheitsideal überdenken. Ist es wirklich wichtig, stets perfekt gestylt zu sein und den neuesten Trends nachzugehen?
Auf die Anfangsfrage „Was ist schön?“ wird es wahrscheinlich nie eine umfassende Antwort geben. Doch ich weiß: Schönheit liegt nicht nur im Auge des Betrachters, sondern unterliegt stets dem Wandel der Zeit und wird von aktuellen Idolen beeinflusst. Insofern sollte jeder selbst seine ganz individuelle Definition von Schönheit finden und leben.
Informationen
Ausstellung Eva’s Beauty Case und Adam’s Necessaire bis 12. August 2018
Braunschweigisches Landesmuseum
Burgplatz 1
38100 Braunschweig
Titelbild: Foto: A. Pröhle, Braunschweigisches Landesmuseum
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