Wussten Sie, dass Vögel zwei bewegliche Daumen haben? Dass männliche Laubenvögel andere Vögel töten, um mit deren Federn um Weibchen zu werben? Und warum es in den 1920ern auf einmal viele Blaumeisen in Southampton auf Milchflaschen abgesehen hatten? Bis vor Kurzem wusste ich das alles nicht – obwohl die Hälfte meines Fernsehkonsums aus Tierdokumentationen besteht. Wie gut, dass es das Staatliche Naturhistorische Museum gibt, bei dessen Besuch sich jedes Mal die eine oder andere Wissenslücke schließt. Schon seit vielen Jahren ist das Museum dabei, seine Säle und Ausstellungsräume zu modernisieren, die bestehende Sammlung neu aufzubereiten und die Bestände und Themengebiete zu erweitern. Seit Juli 2020 finden Besucher*innen hier nun den neugestalteten Vogelsaal, den ich für Sie gemeinsam mit dem Museumspädagogen Gerhard Pohl unter die Lupe genommen habe.
Entdeckungen für Groß und Klein
Vom Feldhamster über die Riesensehkuh bis zum Dinosaurier können Besucher*innen im Naturhistorischen Museum den unterschiedlichsten Phänomenen der Natur auf den Grund gehen. Wer bisher noch nicht die Gelegenheit hatte, sich im Museum umzuschauen, sollte sich am besten mit meiner Kollegin auf einen Rundgang durch die Dauerausstellung begeben. Mit zahlreichen Schaukästen, interaktiven Elementen und Medieneinheiten bietet das Museum sowohl kleinen als auch großen Besucher*innen vielfältig aufbereitete Themen, die es ganz individuell zu entdecken gilt. Genau das ist das Konzept des Naturhistorischen Museums, wie mir Gerhard Pohl verrät: „Egal ob es Erwachsene oder Kinder sind, jeder soll etwas zu entdecken haben.“ Seit 1987 ist er als Museumspädagoge im Naturhistorischen Museum tätig und mittlerweile auch für die Dauer- und Sonderausstellungen zuständig. Aus seiner Erfahrung kann er mir berichten, dass viele Besucher*innen eine Jahreskarte besitzen. So können sie sich genug Zeit lassen, um die einzelnen Ausstellungsräume zu entdecken, ganz nach dem Motto ‚Morgen ist schließlich auch noch ein Tag‘.
Vom Flug bis zum Gesang
Viele Jahre lang fehlte in der Dauerausstellung ein zentrales Themengebiet: Vögel. Und das, obwohl das Naturhistorische Museum mit über 62.000 Exemplaren die größte Vogelsammlung Niedersachsens besitzt. Mit dem neuen Vogelsaal wurde die Lücke in der Ausstellung im Juli 2020 geschlossen und nun finden Sie auch alles über die Bewohner der Lüfte im Museum. Wie bei jedem Besuch des Museums bekomme ich auch in diesem Saal wieder Antworten auf Fragen, die sich mir im Vorhinein nicht einmal gestellt haben. Warum Vögel fliegen können, war mir vor meinem Treffen mit Gerhard Pohl zum Beispiel völlig klar – bis mir bei seinen Erklärungen auffiel, dass das ganze Thema viel komplexer ist, als ich gedacht hatte. Genauso ergeht es mir bei den anderen Themen der Ausstellung: Von der Fortpflanzung über Kommunikation und Ernährung bis zum Vogelzug beleuchtet der Saal die wichtigsten Themen eines Vogellebens.
„Uns war wichtig, dass die Besucherinnen und Besucher nicht durch den Saal gehen wie durch eine Galerie, sondern dass sie wirklich ins Thema eintauchen und Neues entdecken können“, erklärt mir Gerhard Pohl, der den Vogelsaal selbst konzipiert hat. So finden Sie hier nicht nur verschiedene Präparate, sondern auch erklärende Videos und Medieneinheiten, die Sie selbst entscheiden lassen, wie intensiv Sie sich mit einzelnen Themen beschäftigen möchten.
Die Vogelfluglinie ist zurück
Welches Objekt das Lieblingsstück des Museumspädagogen ist? „Am imposantesten ist für mich die Vogelfluglinie,“ sagt Gerhard Pohl und weist auf die Vogelpräparate, die eindrucksvoll unter der Decke schweben. „Besonders weil ich alle Vögel gleich hier in der Natur wiederfinde.“ Im Saal lassen sich noch mehr Bezüge zur direkten Umgebung des Museums finden. Auf einer Karte können Sie zum Beispiel den Zug der Kraniche über Braunschweig nachverfolgen oder in einem Quiz herausfinden, wie gut Sie die Gesänge der in Braunschweig heimischen Vögel kennen.
Viele der Ausstellungsstücke werden Kenner*innen des Museums aus dem alten Vogelsaal wiederentdecken, wie die Vogelfluglinie, die sich laut Gerhard Pohl viele Braunschweiger*innen zurückgewünscht haben. Einige Präparate sind aber auch neu hinzugekommen – zum Beispiel der imposante Strauß, der die Besucher*innen gleich beim Betreten des Raums anblickt. Mit der Eröffnung des Saals ist die Modernisierung und Neugestaltung des Naturhistorischen Museums noch längst nicht abgeschlossen. Noch Ende 2020 soll neben den Vögeln der Umbau für einen neuen Mineraliensaal beginnen. Läuft alles nach Plan, wäre Ende 2021 also auch der Umbau der zweiten Etage vollendet.
Egal, ob Sie dem Naturhistorischen Museum bereits einen Besuch abgestattet haben oder ob Sie die Ausstellungsräume zum ersten Mal betreten – etwas Neues werden Sie hier immer erfahren. Ich bin nach meinem Besuch jedenfalls um einige Erkenntnisse reicher geworden.
Informationen
Staatliches Naturhistorisches Museum Braunschweig
Pockelsstraße 10 | 38106 Braunschweig
Öffnungszeiten:
Mo geschlossen
Di, Do – So 9 – 17 Uhr
Mi 9 – 19 Uhr
Beitragsbild: Der neugestaltete Vogelsaal hat seit Juli 2020 geöffnet. Foto: BSM
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