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Im Entenfang

Idyllisch zwischen aufblühenden Bäumen steht das Fachwerkhaus im Naturschutzgebiet Riddagshausen. Davor eine Holzbank auf Metallfüßen. Zwei kleine Tonschalen, mit Stiefmütterchen und Narzissen bepflanzt, säumen den Eingang. Die grüne Holztür steht offen, ich trete ein. Die Mitarbeiterin Eveline Klonsdorf begrüßt mich und führt mich spontan durch die Ausstellung, obwohl wir gar nicht verabredet waren.

1720 errichtet, diente das Haus Entenfang dem Entenmeister als Arbeits- und Wohnstätte. Entenmeister: welch ein Beruf. Seine Aufgabe war es, Wildenten für die Tafel der Herzöge zu Braunschweig-Lüneburg zu fangen. Nachdem der letzte Entenmeister seine Arbeit 1841 beendet hatte, bewohnten bis Mitte der sechziger Jahre Arbeiterfamilien das Gebäude. Den Anfängen des Hauses und dem Entenfang als Beruf ist nun im neuen Naturerlebniszentrum ein Raum gewidmet. Informationstafeln reihen sich an viele alte Fotos, darunter die Banderole einer kulinarischen Kuriosität: Entenfleisch in Dosen. Die dazugehörige Wildenten-Konservenfabrik existierte von 1885 bis 1931. Ein Entenfänger in alter Montur erzählt in kurzen Videosequenzen unter anderem von der Dynastie der Entenfänger in Riddagshausen und wie der traditionelle Entenfang funktionierte.

Aus dem einstigen „tierfeindlichen“ Zweck des Hauses ist mit der Eröffnung des Naturerlebniszentrums ein Ort für Tierfreunde geworden. Interaktiv und lebendig klärt es die Besucher über verschiedene Lebensräume, vom Teichdamm über Bruchwald bis hin zu Tümpeln, auf. Ein weiterer Fokus liegt auf der Entwicklung Riddagshausens, angefangen mit der Besiedlung durch die Zisterzienser-Mönche bis hin zum heutigen Naherholungsgebiet. Eveline Klonsdorf erzählt mir, dass die Mönche anfangs sogar versuchten, hier Reis anzubauen.

Warum Naturschutz wichtig ist, zeigt eine Karte mit Touchscreen-Bedienung auf einfache und gleichzeitig einleuchtende Weise. Auf dem Startbildschirm entdecke ich den aktuellen Zustand des Gebiets. Mit nur jeweils einem Fingertipp erhalte ich zwei Zukunftsvisionen, wie das Areal in 35 Jahren aussehen kann: Bebauung, Begradigung und ein kläglicher Rest Natur ohne Beibehaltung des Naturschutzes und Erhalt des grünen Riddagshausen samt seiner Artenvielfalt, wie ich es heute kenne.

Dann stehe ich mit Eveline Klonsdorf vor einem mit schwarzen, deckenhohen Filzlamellen verdeckten Eingang. Ein älterer Besucher spricht uns an: „Ach, hier ist wohl nichts?“ „Doch, doch“, antwortet Eveline Klonsdorf und hakt ihn beherzt unter. Zusammen betreten wir einen abgedunkelten Raum. Dann ertönt klassische Musik und ein leises Vogelgezwitscher. Wir sitzen inmitten eines Riddagshausen-Panoramas und erleben mit typischen Geräuschen und Lichtstimmungen einen frühlingshaften Tag von der Morgendämmerung bis zur Nacht. Einfach mal nur sitzen, lauschen und auf sich wirken lassen. Das versetzt meinen Körper nicht nur in eine angenehme innere Ruhe, sondern macht mir gleichzeitig bewusst, was für ein unglaublicher Verlust es wäre, wenn es das alles nicht mehr gäbe.

Das ist die große Stärke der gesamten Ausstellungskonzeption: Nicht nur mit erhobenem Zeigefinger dogmatisch für Umweltschutz werben, sondern so für die Schönheit der Natur sensibilisieren, dass man Lust bekommt, sich mit ihr auseinanderzusetzen und sie zu erhalten. Das Beste daran: Alle Tiere, Pflanzen und ökologischen Zusammenhänge bleiben nicht theoretisch, sondern befinden sich direkt vor der Tür und lassen sich dort „in natura“ entdecken.

Information

Naturerlebniszentrum Haus Entenfang
Nehrkornweg 2
38104 Braunschweig

Tel.: (05 31) 23 17 03 92
E-Mail: entenfang@braunschweig.de

Öffnungszeiten:
Mi, Do und So von 11 bis 16 Uhr
an anderen Tagen nach Vereinbarung

(Artikelfoto: BSM)

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