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Faszination Auto(nom)

Carolinchen dreht eifrig ihre Runden, zunächst noch recht gemütlich. „Ich geh‘ mal auf Stufe drei auf den Geraden“, ruft Thomas Holleis seinem Team zu. Carolinchen gibt Gas. Oder besser: Strom. Denn Carolinchen ist ein batteriebetriebenes Modellfahrzeug. Doch nicht nur das: Sie ist ein autonomes Modellfahrzeug, das heißt, sie fährt – salopp gesagt – ganz von allein. Diese Formulierung greift natürlich zu kurz, denn in Carolinchen stecken mehrere Monate harter Arbeit. Zu ihren wichtigsten Komponenten zählt ihr „Auge“. Das Kamerabild erfasst die vor dem Fahrzeug liegende Strecke und erkennt so beispielsweise den Unterschied zwischen Kurve und Gerade – mit Hilfe ihres „Gehirns“, also der Software, die das Kamerabild verarbeitet, passt sie die Geschwindigkeit entsprechend an und lenkt in die richtige Richtung. Thomas Holleis und seine Mitstreiter vom Team CDLC haben konstruiert, installiert und programmiert was das Zeug hält, damit Carolinchen wie von selbst ihre Runden drehen kann.

Von diesen Runden auf ihrer Trainingsstrecke hat Carolinchen in den letzten Wochen so einige abgespult. Sie fährt auf den großen Tag zu: Den Carolo-Cup am Dienstag, 10. Februar, an der TU Braunschweig. Den soll sie unbedingt gewinnen, wenn es nach ihrem Team geht. Doch 16 Artgenossen wollen ihr den Titel streitig machen. Dafür kommen diese mit ihren Teams zum Teil von weit her angereist, zwei sogar aus Schweden und Russland.

Der Carolo-Cup, der in diesem Jahr zum achten Mal ausgetragen wird, hat sich einen Namen gemacht. In Deutschland sowieso, aber auch darüber hinaus, wie das internationale Teilnehmerfeld zeigt. 20 Teams bedeuten einen neuen Teilnehmerrekord. 17 von ihnen messen sich im Hauptfeld. Dazu kommen drei Teams, die zum ersten Mal dabei sind und daher im Junior Cup antreten. Die TU Braunschweig stellt zwei Teams. Neben CDLC treten auch die ISF Löwen an – nach dem Junior Cup im Vorjahr gehen sie nun im Hauptfeld an den Start. „Dieses Jahr wäre ein Platz im Mittelfeld super. Im nächsten Jahr wollen wir dann richtig konkurrenzfähig sein“, so die bescheidene Zielvorgabe des Teams um Robert Hartung. Das Team CDLC ist da schon forscher: „Das Ziel ist Platz eins“, sagen die Jungs klipp und klar. Schließlich hat Carolinchen – bzw. eine ihrer Vorgängerversionen – das schon einmal geschafft. Nach Platz zwei im Vorjahr soll nun wieder der Titel her.

Aber worum geht es eigentlich beim Carolo-Cup? „Die Teams sollen mit den Modellfahrzeugen realistische Szenarien nachstellen“, sagt Fabian Schuldt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Regelungstechnik und Mitorganisator des Carolo-Cup. Spur halten, Hindernissen ausweichen, Vorfahrtsregelungen beachten – und das alles auf einer unbekannten Strecke. Doch damit nicht genug: Die Autos müssen auch selbstständig einparken. Die Parklücken haben drei verschiedene Größen. Für die kleinste Lücke gibt es natürlich die meisten Punkte.

Soviel zur Praxis. Bevor es soweit ist, müssen die Teams der Jury aber erstmal ihr Konzept präsentieren. „Da werden durchaus kritische Fragen gestellt“, so Schuldt. Alles muss Hand und Fuß haben. „Wir machen hier im Grunde ein Projektmanagement wie in der freien Wirtschaft“, sagt auch Thomas Holleis.

A propos freie Wirtschaft: Für die ist der Carolo-Cup ebenfalls interessant. Die Jury besteht neben Wissenschaftlern auch aus Wirtschaftsvertretern. Viele Teams arbeiten zudem mit Sponsoren zusammen, die zum Beispiel die Software oder andere technische Komponenten für die Fahrzeuge bereitstellen. Die Unternehmen erhoffen sich dadurch unter anderem Kontakt zu künftigen Fachkräften – die Studenten von heute sind die Fachkräfte von morgen. „Natürlich fällt auch der Einstieg in den Job leichter, wenn man bereits mit den Tools eines bestimmen Unternehmens gearbeitet hat“, sagt Thomas Holleis zum Interesse der Hersteller, die Teams mit ihren Produkten auszustatten. Und so verwundert es nicht, dass Unternehmen auch beim Wettbewerb selbst Ausschau nach den hellsten Köpfen halten. „Die Teilnehmer sind potenzielle Arbeitnehmer für die Unternehmen“, betont Fabian Schuldt. Ein zusätzlicher Ansporn für die Studenten. Die Teams sind übrigens aus verschiedensten Fachrichtungen zusammengestellt, und das aus gutem Grund: Maschinenbau, Informatik, Elektrotechnik – ein autonomes Modellfahrzeug benötigt ganz unterschiedliche Expertisen.

Zurück zu Carolinchen. Die hat gerade ihren Trainingslauf beendet und berechnet nun, wie eng die Parklücke ist, in die sie sich quetschen soll. Mit Infrarot-Sensoren misst sie den Abstand zwischen den Hindernissen und erkennt so, dass dies die Lücke ist, die die meisten Punkte bringt. Der Rest ist pure Präzision – so lautet zumindest der Plan. Ob es klappt, sehen wir am Dienstag.

Titelbild: So sieht das Kamerabild aus, mit dem sich das Fahrzeug der ISF Löwen orientiert. Foto: Team ISF Löwen / Robert Hartung 

Information

Hochschulkonstruktionswettbewerb Carolo-Cup 2015
Dienstag, 10. Februar 2015, 18 – 21 Uhr in der Aula, Haus der Wissenschaft
Pockelsstr. 11, 3. OG, 38106 Braunschweig

UPDATE 11.02.2015:
Es hat nicht ganz für den Sieg gereicht: Das Braunschweiger Team CDLC ist zum dritten Mal in Folge Vizemeister geworden. Beim Carolo-Cup 2015 belegte es mit Carolinchen den zweiten Platz hinter dem Team „Spatzenhirn“ der Universität Ulm, das damit seinen Titel aus dem Vorjahr verteidigen konnte.

Mehr zu den Ergebnissen des Carolo-Cup 2015 unter: www.tu-braunschweig.de

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