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Die Volkshochschule geht online

Eine Frau sitzt vor einem Laptop

Wer Fremdsprachenkenntnisse aus der Schulzeit auffrischen, die eigene kreative Ader entdecken oder neue berufliche Kompetenzen erlernen möchte, ist bei der Volkshochschule Braunschweig genau richtig. Mit zwei Tochtergesellschaften (der VHS Arbeit und Beruf GmbH und der Haus der Familie GmbH) liegt der Fokus der VHS-Gruppe auf der Erwachsenenbildung, Beschäftigungsförderung und Familienbildung. Wenn Sie derzeit allerdings einen Kurs der Volkshochschule besuchen möchten, finden Sie sich weder in den Räumlichkeiten in der Alten Waage 15 noch in der Kaiserstraße 48 ein, sondern online in der VHS-Cloud. Denn natürlich ist auch der Betrieb der VHS von der Pandemie betroffen. Um herauszufinden, wie die Volkshochschule Braunschweig während der Corona-Pandemie arbeitet, welche Inhalte Braunschweiger*innen im aktuellen Kursprogramm erwarten und welche Auswirkungen die derzeitigen Umstände auf die Zukunft der Volkshochschule haben, habe ich bei der VHS nachgefragt.

Die VHS im Online-Betrieb

Ich bin verabredet mit dem Geschäftsführer der Volkshochschule Braunschweig, Hans-Peter Lorenzen, und Joachim Fähser, dem Marketingleiter. Doch anstatt mich wie sonst aufs Fahrrad zu schwingen, um ein Interview für das Löwenstadtblog zu führen, öffne ich meine E-Mails, klicke auf einen Link und sitze innerhalb von ein paar Sekunden in einem virtuellen Raum mit meinen beiden Gesprächspartnern. Genauso unkompliziert läuft auch die Teilnahme an den neuen Online-Kursen ab, wie mir die beiden im Gespräch versichern. 187 Kurse gibt es mittlerweile, die Sie von zu Hause aus besuchen können.

Eine Frau sitzt mit einem Laptop auf einer Bank vor der Alten Waage in Braunschweig.
An den Online-Kursen der VHS können Sie von überall teilnehmen. Foto: VHS

Als ich mir das Programm der Volkshochschule in diesem Semester anschaue, bin ich vor allem von der Vielfalt des Angebots überrascht. Von Englisch bis Wirtschaftsdeutsch, vom Auspowern mit Tabata-Training bis zum Yoga-Kurs, von der Ahnenforschung bis zum Zeichnen exotischer Tiere finde ich unter den Online-Kursen die verschiedensten Themen. Denn obwohl das Angebot der VHS eigentlich vom Austausch und der Begegnung unterschiedlicher Menschen lebt, deren Wege sich bei Sprach-, Koch- oder EDV-Kursen kreuzen, gelang es sowohl den Mitarbeiter*innen und Dozent*innen, als auch den Teilnehmer*innen sehr schnell, sich auf die neue Situation einzustellen. Seit März 2020 konnten in der VHS nur wenige Präsenzkurse stattfinden, und so verlagerte die Volkshochschule den Großteil des Angebots ins Internet.

Von der Schnecke zum Jaguar

Ganz unvorbereitet ist die VHS übrigens nicht in die Thematik des Online-Lernens eingestiegen. „Was das Tempo betrifft, wurde das Projekt von einer Schnecke zum Jaguar“, fasst Hans-Peter Lorenzen die Entwicklung zusammen. Mit anderen Volkshochschulen in der Region hatte die VHS Braunschweig bereits einige Online-Formate konzipiert, bis die Umstellung auf Online-Kurse im Frühjahr 2020 Fahrt aufnahm. „Unsere Mitarbeitenden waren von Anfang an mit viel Engagement und Pfiffigkeit dabei, haben Teilnehmende informiert und Dozierende qualifiziert“, ist Hans-Peter Lorenzen begeistert. Und dieses Engagement verfehlte seine Wirkung nicht: „80 Prozent derjenigen, die bei uns einen Sprachkurs besucht haben, waren dabei und haben gesagt: ‚Wir wollen das‘.“

Für einige Themengebiete eröffnen die Online-Kurse neue Möglichkeiten: digitale Medien können einfacher in den Unterricht integriert oder Wissen zum Beispiel durch ein Quiz statt einen Test abgefragt werden. Aber leider lässt sich nicht alles ins Internet übertragen. Wenn ich mich an meinen letzten Yoga-Kurs in der Volkshochschule erinnere, dann denke ich zwar an die neuen Posen, die ich dort gelernt habe, aber auch an die Leute neben mir, die genau wie ich über sich selbst lachen konnten, wenn die ein oder andere Pose nur entfernt an die Bewegungen der Yoga-Lehrerin erinnerte. Dieses Gefühl von Gemeinschaft lässt sich nur schwer in Online-Kursen finden.

Eine Frau springt vor einem Bildschirm.
Auch Sport- und Gesundheitskurse sind im Online-Programm der VHS vertreten. Foto: VHS

Dennoch gibt es auch Vorteile: Praktisch ist, dass man die Online-Kurse von überall aus besuchen kann, und dass nicht alle parallel starten. Jetzt im Februar beginnen zwar viele Veranstaltungen, aber auch in den nächsten Monaten lohnt sich ein Blick ins Programm. In den meisten Kursen gibt es auch noch freie Plätze: Wenn Sie sich zum Beispiel wie ich für das Thema Nachhaltigkeit interessieren, könnte es sein, dass wir uns am 9. Februar im Online-Workshop ‚Plastikfasten‘ treffen. Oder fotografieren Sie gern? Dann wäre vielleicht der Kurs ‚Fotografieren wie Peter Lindbergh‘ etwas für Sie. Und wer Lust hat, bei einer morgendlichen Tasse Kaffee die eigenen Englischkenntnisse aufzufrischen, könnte beim ‚Irish, Coffee Morning‘ vorbeischauen. 

Nicht alle Präsenzkurse lassen sich einfach ins Internet übertragen. Kreativkurse, bei denen Materialien benötigt werden, und auch EDV-Kurse, für die Teilnehmer*innen auf bestimmte Programme zugreifen müssen, konnten bisher noch kein Online-Pendant finden. Aber es gibt immer wieder Ideen für neue Inhalte: Ob im Kreativbereich oder im Rahmen des neuen Gesundheitszentrums – die VHS ist stets dabei, die eigene Arbeit zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Woher die Mitarbeiter*innen dafür ihr Engagement nehmen? „Erwachsenenbildung ist einfach ein toller Arbeitsbereich“, resümiert Herr Lorenzen. „Wir sind eine Einrichtung, die sehr viel Zuspruch bekommt von den Menschen, für die sie da ist. Das macht die Arbeit sehr angenehm.“

Die VHS bleibt sich treu

Eine solch rasante Veränderung wirft natürlich Fragen auf: Werden die Online-Kurse fortgeführt oder gibt es ein Zurück zu den klassischen Kursen vor Ort? „Wir stehen vor der Herausforderung, unsere gesamten Angebotsformate zu überprüfen. Der klassische Kurs an einer Volkshochschule läuft zweimal pro Jahr über 15 Wochen. Das ist vielleicht ein Format, das Interessierte davon abhält, sich anzumelden, weil sie sich nicht jeden Mittwochabend freihalten wollen“, erklärt der VHS-Leiter. „Es wäre auch denkbar, Präsenzkurse grundsätzlich als Hybrid-Kurse zu gestalten, sodass sich zusätzlich zu den Leuten vor Ort auch Teilnehmende online zuschalten können. All diese Dinge werden uns grundlegend vor neue Herausforderungen stellen.“ 10 bis 20 Prozent der Online-Kurse könnten auch nach den Einschränkungen weiterhin digital stattfinden, schätzt Joachim Fähser.

Ob der Präsenzbetrieb ab Mitte Februar wieder anlaufen kann, oder ob die Schließung der VHS noch länger andauert, weiß Hans-Peter Lorenzen nicht. „Wir sind aber absolut einverstanden mit dem Lockdown“, betont der VHS-Leiter. „Das ist eine angemessene und verständliche Lösung.“ Dass sich die VHS schnell und kreativ auf die vorübergehende Schließung einstellen konnte, hat sie in den letzten Monaten bewiesen. Und ein Ende der Volkshochschule bedeutet das noch lange nicht: „Natürlich wird es auch in der Zukunft die Volkshochschule geben, die wir waren, die wir auch sein wollen: Nämlich ein Ort der Begegnung. Die analoge Welt in Volkshochschulen müssen wir wiederherstellen. Und das tun wir auch, das können wir jetzt schon versprechen. Aber sie wird anders sein.“

Beitragsbild: von mohamed Hassan auf Pixabay.

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