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„Sticks up“ für die Lacrosse-Damen

Es ist Mittwochabend, kurz vor 19 Uhr. Ich betrete den Sportplatz Jahnplatz an der Wolfenbütteler Straße. Heute trainiert die Lacrosse-Damenmannschaft des BTHC, die mich zum Training eingeladen hat. Lacrosse ist eine Sportart, unter der ich mir noch wenig vorstellen kann. Eine Mischung aus Hockey und Handball, aber mit Schlägern, an denen ein Netz befestigt ist, das sogenannte „Pocket“. Wie der Spielablauf aber abläuft, wer wann aufs Tor wirft und ob es Abseits gibt, das werde ich noch erfahren.

Herzlich werde ich von den Mitspielerinnen begrüßt und gleich aufgefordert, mich umzuziehen. Aber langsam, heute bin ich in der Rolle des Beobachters da. Rund zwanzig junge Frauen zählt die Damenmannschaft, 14 trainieren heute für ihr erstes Ligaspiel. Denn seit dieser Saison spielen die Damen in der Liga Nord, gemeinsam als Spielgemeinschaft mit den Lübeckerinnen als „Brack“. Das Spiel gegen Kiel haben sie dann zwar verloren, aber Laufe der Saison wird der ein oder andere Sieg sicher noch kommen.

Die Ausrüstung: Sticks, Goggles und Mundschutz. Und für die Trainingseinheit viel Wasser. Foto: BSM

Die Ausrüstung: Sticks, Goggles und Mundschutz. Und für die Trainingseinheit viel Wasser. Foto: BSM

Auf dem Weg zum Platz erklärt mir Ruth Giesen die Spielregeln. Ruth ist Spielertrainerin, nicht ungewöhnlich für Lacrosse. „Lacrosse ist in Deutschland eine Randsportart, eine junge noch dazu. Die meisten Mannschaften haben Spielertrainer.“ Während Lacrosse in Kanada neben Eishockey der Nationalsport ist, wurde der Sport in Braunschweig – so wie in den meisten deutschen Städten auch – lange nur an der Universität angeboten. Studierende, die an der TU ihr Auslandssemester gemacht haben oder Studierende, die aus dem Ausland zurückgekommen sind – so genau weiß man das nicht mehr – haben die Sportart in die Löwenstadt gebracht.

Wichtig zu wissen ist, dass sich Damen-Lacrosse und Herren-Lacrosse deutlich in den Spielzügen unterscheiden. Während bei den Männern auch der körperliche Kontakt erlaubt (und erwünscht) ist, spielen die Frauen weniger körperbetont. Allein das Schlagen auf den Schläger der gegnerischen Spielerin ist erlaubt, um den Ball zu erobern.

Damit bin ich schon mitten im Spielgeschehen, ohne das Spielfeld erklärt zu haben: Das Feld ist geteilt in drei Drittel, in den äußeren Dritteln stehen die beiden Tore – ähnlich wie beim Hockey einige Meter im Feld. Die Torfrau hütet ihr Tor. Sie ist die einzige, die Schutzkleidung und einen Helm trägt. Dabei ist die Schutzkleidung nicht obligatorisch: „Es ist Ermessenssache: Wie beweglich bin ich, wie sehr muss ich mich schützen?“, erklärt Torfrau Sabine Tutte. „Da ich noch nicht allzu lange dabei bin, schütze ich mich lieber mehr als erforderlich. Wir Frauen müssen eigentlich nur Helm, Mundschutz und Brustpanzer tragen.“

Der Mundschutz ist auch bei den elf Feldspielerinnen Pflicht, erlaubt sind auch Handschuhe und die so genannte Goggle, eine Schutzbrille. Die Feldspielerinnen sind unterteilt in Angriff, Mittelfeld und Verteidigung, wobei die Spielerinnen jederzeit ihre Position ändern dürfen. Nur dürfen sich nie mehr als acht Feldspielerinnen im äußersten Drittel des Feldes befinden. Das ist also das Abseits von Lacrosse.

Zwei Spielerinnen passen sich den Ball zu. Damit trainieren sie gleichzeitig zielgerichtetes Werfen und Fangen. Foto: BSM

Zwei Spielerinnen passen sich den Ball zu. Damit trainieren sie gleichzeitig zielgerichtetes Werfen und Fangen. Foto: BSM

Während sich die Damen des BTHCs warmmachen und die Passgenauigkeit trainieren, geselle ich mich zum Torwarttraining und frage, ob ich mich auch ausprobieren darf. Ruth drückt mir einen Schläger, den Stick, in die Hand. Mit beiden Händen umschließe ich den Stick und schleudere den Ball in Richtung Tor. Schnell ist er ja, aber es ist gar nicht so einfach, die Richtung zu bestimmen. Ich versuche es nochmal. Und nochmal. „Wichtig ist, dass du den Stick nicht nach unten drückst, sondern ihn ziehst“, ruft mir Ruth zu. Dadurch bekommt der Ball mehr Präzision. Ziehen statt drücken? Ich versuche mein Bestes. Und trotzdem hält Sabine jeden meiner Würfe. Anschließend soll ich das Fangen üben. Aber das stellt sich als schwerer heraus als das Werfen. Das Netz ist so straff geknüpft, dass der Ball nicht im Pocket bleibt, sondern immer wieder herausspringt. Eigentlich sinnvoll, sonst könnte man nicht werfen. Nur für mich wäre ein echtes Fangnetz jetzt einfacher. Ruth und Sabine muntern mich auf: „Das wird schon noch!“ Ich verschweige lieber mein geringes Talent in Ballsportarten und möchte jetzt ein Trainingsspiel sehen.

Weil die Spielerinnen nicht für zwei Mannschaften reichen, spielen sie mit halben Mannschaften: Die eine Gruppe verteidigt, die andere greift an. Und Torfrau Sabine ruft: „Links unten, links unten … hinterm Tor … hinterm Tor … hinterm Tor … links oben … Pass nach rechts …“ Es dauert ein wenig, bis ich verstehe, dass sie die Position des Balls durchgibt. „Lacrosse ist ein sehr kommunikativer Sport“, erklärt mir Ruth später. Es ist immer schwer, die neuen Spielerinnen dazu zu bringen, dass sie reden.“ Frauen zum Reden zu bewegen? Das werde ich mir merken, wenn es das nächste Mal heißt, ich plappere zu viel.

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Inzwischen ist es dunkel geworden und der kleine Ball ist immer schwerer zu erkennen. Foto: BSM

Nach den Saisonzielen gefragt, wünscht sich Ruth erst einmal mehr Stabilität. Dadurch, dass Lacrosse aus dem Unisport kommt und noch immer viele Studentinnen in der Mannschaft sind, ändert sich die Mannschaftszusammenstellung häufig. „Die Mädels bleiben ein, zwei Jahre, dann ziehen sie aus Braunschweig weg und verlassen den Verein. Es wäre schön, wenn wir mehr Spielerinnen hätten, die längerfristig in Braunschweig wohnen. Deshalb beginnen wir jetzt mit der Jugendarbeit. Und dann wäre es natürlich schön, die Saison nicht als Letzter zu beenden.“

Dreimal die Woche trainieren die Lacrosse-Damen: montags, mittwochs (jeweils um 19 Uhr auf dem Jahnplatz) und donnerstags (18:30 Uhr, Unisport). Das erste Heimspiel bestreitet die Mannschaft am 18. Oktober 2015 um 11 Uhr auf dem Jahnplatz. Wer sich die kommunikativste Sportart der Welt anschauen möchte, ist herzlich eingeladen zum nächsten Heimspiel am 13. März 2016 um 12:00 Uhr auf dem Jahnplatz, Wolfenbüttler Straße 58.

(Artikelbild: Die Mannschaft beim Aufwärmen. Im Hintergrund ist die Herrenmannschaft zu sehen, die mit Helm spielt. Foto: BSM)

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