Elegant drehen sich die Tänzer:innen über die Fläche. Ein Blick nach rechts, ein gehobener Arm, ein schneller Partner:innentausch. Jede Bewegung ist synchron, immerhin sind die Tänzer:innen vom Braunschweiger Tanz Sport Club e. V. (BTSC) ein eingespieltes Team, das bereits an zahlreichen Wettbewerben teilgenommen hat. Als nächstes steht die Weltmeisterschaft Formation Standard und Latein hier in der Löwenstadt an. Gaby Michel, Ressortleiterin des Bereichs Formation, erzählt, wie die Vorbereitungen für einen solchen Wettkampf aussehen.
Ein Team aus ganz Deutschland
Formationstanz hat beim BTSC bereits Tradition, so viel steht fest. Immerhin wird die Sportart im Verein seit über 30 Jahren angeboten. Seit 29 Jahren trainiert Rüdiger Knaack die Tänzer:innen. „Bis vor wenigen Jahren haben wir nur unseren eigenen Nachwuchs großgezogen“, erinnert sich Gaby Michel. „Mittlerweile haben wir Mitglieder aus dem gesamten Bundesgebiet.“ Gemeinsam zu trainieren sei da manchmal gar nicht so einfach. So kämen die aktuellen Tänzer:innen neben Niedersachsen beispielsweise aus Berlin, Bayern oder Hessen.
Die Ressortleiterin berichtet: „Wir trainieren grundsätzlich freitags, samstags und sonntags. In Vorbereitung auf eine Meisterschaft haben wir aber auch Traningslager, die die ganze Woche gehen.“ Damit das überhaupt möglich ist, versuche der BTSC, die Trainingszeiten so oft wie möglich in die Schulferien zu legen. Immerhin ist die jüngste aktive Tänzerin erst 13 Jahre alt. Und auch Freistellungsgesuche bei Schulen oder Arbeitgeber:innen wären eine Möglichkeit und würden meist genehmigt.
In Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft üben die Tänzerinnen nicht bloß die Schritte selbst, sondern trainieren auch ihre Kraft und Ausdauer im Fitnessstudio direkt gegenüber. Kurz vor dem Wettkampf liegt der Fokus dann insbesondere auf so genannten Durchtanztrainings, bei denen die Ausdauer noch einmal zusätzlich aufgebaut wird.
Mehr als Formationstanz
Bei einem erfahrenen Trainer wie Rüdiger Knaack, der früher selbst Tänzer war, ist die Vorbereitung auf eine Weltmeisterschaft vermutlich schon Routine. Dass er seit diesem Jahr zusätzlich als Bundestrainer tätig ist, unterstreicht diesen Eindruck. „Generell steht und fällt der Verein aktuell mit ihm“, meint Gaby Michel.
Die Formation ist das große Aushängeschild des BTSC und weit über die Löwenstadt hinaus bekannt, auch wenn Formationstanz bei weitem nicht das einzige Angebot des Vereins ist. Gaby Michel meint: „Insgesamt haben wir knapp 500 Mitglieder, nur 40 davon tanzen in der Formation.“ Andere Mitglieder probieren sich in den Breitensportarten wie Capoeira und Stepptanz oder lernen historische Tänze aus unterschiedlichen Epochen kennen. Besonders schön ist es für Gaby Michel, dass so viele Mitglieder dem Verein auch in den letzten zwei Jahren treu geblieben sind, trotz aller Schwierigkeiten bei Trainings und Veranstaltungen.
Mit Kunst und Technik zum Weltmeister
Der 15. Oktober 2022 ist bereits das dritte Anlaufdatum für die ausstehende Weltmeisterschaft. Ursprünglich hatte sie 2020 stattfinden sollen, damals noch ohne den Bereich Latein. Das Interesse unter den internationalen Tänzer:innen ist groß. „Wir hatten mit zehn Formationen pro Sektion gerechnet“, erzählt Gaby Michel, „mittlerweile sind 27 Formationen angemeldet.“ 14 davon treten in der Rubrik Standard an, 13 für Latein. Ob tatsächlich alle angemeldeten Teilnehmer:innen nach Braunschweig kommen können, hängt nun von den entsprechenden Visa ab. Dass die Austragung jetzt im dritten Anlauf funktioniert, dafür bedankt sich Gaby Michel insbesondere bei der Stadt Braunschweig und den Sponsor:innen sowie den rund 100 Ehrenamtlichen, die an der Veranstaltung beteiligt sind.
Insgesamt ist es die neunte Formations-Weltmeisterschaft, die in der Löwenstadt ausgetragen wird. Die ersten Anreisen und Stellproben sind bereits für Freitag, 14. Oktober, geplant, die Wettkampfphase beginnt am Samstag um 13:00 Uhr. Auf das Finale können sich Zuschauer:innen dann am Abend freuen. Zwölf Wertungsrichter:innen bestimmen die Platzierungen der einzelnen Formationen. Neben der tänzerischen Qualität werden Punktzahlen für künstlerische Aspekte und die Technik vergeben.
Teamgeist im Vordergrund
Der größte Anreiz am Formationstanz, da ist sich Gaby Michel sicher, ist der Teamgedanke. Damit eine Choreographie funktioniert, müssen die Tänzer:innen zusammenarbeiten, einander im Blick behalten und darauf vertrauen, dass alle an der richtigen Stelle stehen. Doch das ist nicht alles. „Menschen, die auf so hoher Ebene getanzt haben, sind später zum Beispiel auch in der freien Wirtschaft sehr willkommen“, meint die Ressortleiterin Formation des BTSC. Immerhin gehe es bei dieser Sportart nicht bloß um die Bewegungen, sondern auch um Disziplin und Ehrgeiz. Und natürlich darf auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Ein breites Lächeln gehört zu einem Formationsauftritt ebenso dazu wie die bunt glitzernden Kostüme.
Die Tänzer:innen des BTSC jedenfalls haben in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass es ihnen weder an Talent noch an Ehrgeiz oder Begeisterung mangelt. Bisher war die Formation jeweils zehn Mal Welt- und Europameister sowie 19 Mal Deutscher Meister. Möglicherweise kommt am 15. Oktober 2022 der elfte Weltmeistertitel hinzu. Einen Rückblick auf die Vorbereitungen zur Weltmeisterschaft 2017, die ebenfalls in Braunschweig ausgetragen wurde, finden Sie in diesem Beitrag.
Titelbild: Bob van Ooik
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