An meine ersten Fahrversuche mit dem Auto kann ich mich noch lebhaft erinnern. Auf dem Verkehrsübungsplatz in Waggum saß ich zum ersten Mal auf dem Fahrersitz eines hellgrünen Gefährts und versuchte, irgendwie die Pedale zu bedienen, den richtigen Gang einzulegen und dabei so am Lenkrad zu kurbeln, dass ich nach der ersten Kurve nicht gleich im nächsten Reifenstapel landete. Gar nicht so einfach. Wie gut, dass ich diese ersten Schritte abseits des normalen Straßenverkehrs üben durfte.
Nachträgliche Anmerkung: Der Motorsportclub der Polizei Braunschweig im ADAC e.V. betreibt den Verkehrsübungsplatz in Waggum, auf dem ich meine ersten Meter im Auto üben durfte. Auf dem Gelände finden unter anderem Fahrsicherheitstrainigs statt und Grundschulkinder machen sich hier mit Verkehrsregeln vertraut.
Wer sich an dieses Gefühl noch genauso gut erinnern kann wie ich, wird mir vermutlich zustimmen, wie wichtig es ist, dass es Menschen und Vereine gibt, die die Jugendverkehrsschulen unterstützen und sich um Verkehrsschulungen, Fahrsicherheitstrainings und Kampagnen zur Sicherheit im Straßenverkehr kümmern. Als eine der ältesten Bürgerinitiativen Deutschlands hat es sich die Verkehrswacht zur Aufgabe gemacht, die Verkehrssicherheit zu fördern und Verkehrsunfälle zu reduzieren. Doch was genau macht die Verkehrswacht eigentlich? Und wie können Braunschweiger*innen ihre Arbeit unterstützen? Um das herauszufinden, treffe ich mich mit Heidrun Möbius. Sie ist die Vorsitzende der Verkehrswacht Braunschweig und hat einiges zu erzählen.
Für mehr Sicherheit im Verkehr
„Wir sind eine Initiative für etwas, nicht gegen etwas,“ stellt Heidrun Möbius den wichtigsten Punkt ihrer Arbeit bei der Verkehrswacht heraus. Der Verein setzt sich ein für sichere Schulwege, unterstützt die Arbeit von Jugendverkehrsschulen, bietet Verkehrsschulungen für Senior*innen an, macht auf Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam. Und das alles größtenteils ehrenamtlich. Fast ihr ganzes Leben lang ist Heidrun Möbius schon ehrenamtlich tätig, war Teil des Stadtelternrates und kam so als Bindeglied zwischen Schule und Verkehr zur Verkehrswacht. Schnell fand sie Freude an der Arbeit, übernahm immer mehr Verantwortung im Verein und wurde schließlich Vorsitzende. Als sie 2002 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, war sie die einzige weibliche Vorsitzende der deutschen Verkehrswacht.
Durch ihre langjährige Mitgliedschaft hat Heidrun Möbius die Entwicklung des Vereins noch gut vor Augen. Angefangen mit der Organisation von Schülerlotsen und Aktionen zur Einschulung umfasst das Aufgabengebiet der Verkehrswacht heute verschiedenste Bereiche, die vom Säuglings- bis ins Seniorenalter reichen: Fit im Auto, Ladies on Tour, die Löwenhelm-Initiative, die Kampagne „Tippen tötet“ … um nur einige Projekte zu nennen.
Praktische Hilfe im Alltag
Die Angebote der Verkehrswacht können auch ganz konkret im Alltag helfen: Wer für kleine Mitfahrer*innen zum Beispiel keinen Kindersitz hat, kann sich bei der Verkehrswacht monatsweise einen passenden Sitz ausleihen. Praktisch für alle, die nur gelegentlich Car-Sharing-Angebote nutzen oder ihr Patenkind in den Ferien zu Besuch haben. „Letztes Jahr zu Weihnachten hatten wir wirklich alle Sitze ausgeliehen. Kurz vor Schluss kam noch ein Herr, dem wir unseren aller letzten Sitz geben konnten. Seine Tochter und sein Enkelkind waren nämlich mit dem Zug angereist und so mussten diese keinen großen Kindersitz mitschleppen.“ Durch die Corona-Pandemie wurden die Reisen im Sommer 2020 natürlich deutlich weniger und der Verleih war im Vergleich zu den Vorjahren nicht so stark nachgefragt. Mehr Aufwand entsteht für dieses Projekt durch strengere Hygieneauflagen allerdings nicht. Alles, was ausgeliehen werden kann, wird ohnehin gereinigt und desinfiziert.
Mitarbeit: Wie ein großes Puzzlespiel
Umgesetzt werden diese Projekte größtenteils ehrenamtlich. Fast die Hälfte aller Menschen in Niedersachsen war 2014 ehrenamtlich tätig, hätten Sie das gewusst? Das Schöne am Ehrenamt ist, dass sich jede*r die Tätigkeiten nach eigenen Interessen aussuchen kann. So sieht das auch Heidrun Möbius: „Wir sind ein großes Puzzlespiel. Jeder kann sein Puzzleteil in Form von Ideen und Fähigkeiten mit einbringen.“
Wer die Verkehrswacht unterstützen möchte, kann also zum Beispiel Mitglied werden. „Jedes Mitglied zählt,“ sagt Heidrun Möbius. Egal ob passiv oder aktiv. „Man kann auch einfach sagen: Ich habe Zeit für dieses oder jenes Projekt. Wer sich zum Beispiel für den Fahrradparcours, die Arbeit mit Kindergärten oder Seniorentrainings interessiert, kann sich gerne bei uns einbringen. Das kann jeder völlig frei entscheiden. Wir sind es gewohnt, auch projektbezogen mit Menschen aller Altersklassen zusammenzuarbeiten. Egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, ob es Schülerinnen oder Schüler, Eltern, Seniorinnen oder Senioren sind. Gerade suchen wir zum Beispiel dringend Menschen, die uns bei der Pflege unserer Internetseite unterstützen.“ Aber auch für ganz neue Projekte ist die Verkehrswacht offen, verrät mir Heidrun Möbius. Wem also im eigenen Alltag Ideen zur Verbesserung des Straßenverkehrs in Braunschweig einfallen, könnte sie bei der Verkehrswacht in die Tat umsetzen.
Herz zeigen und spenden
Ganz ohne Geld kommt ein Verein selbst mit ehrenamtlichen Helfer*innen nicht aus, schließlich müssen eine Geschäftsstelle gemietet, Materialien gekauft, angestellte Mitarbeiter*innen bezahlt werden. „Wir finanzieren uns zum einen über die Mitgliedsbeiträge. Das ist aber nur ein ganz kleiner Teil, 20 Euro im Jahr für ein Einzelmitglied und 50 Euro für Firmen,“ erklärt Heidrun Möbius die Finanzierung des Vereins. Hinzu kommen unter anderem noch Bußgelder und Sponsorengelder.
Bis 2010 hat die Verkehrswacht jedes zweite Jahr eine Spendenlotterie veranstaltet, die danach zu „Braunschweig zeigt Herz“ wurde. Seitdem finden Braunschweiger*innen alle zwei Jahre über die ganze Innenstadt verteilt Stände und Aktionen der Verkehrswacht. Vielleicht saßen Sie in den letzten Jahren ja auch schon einmal im Rettungssimulator oder stellten ihre Fahrkünste in einem der Parcours unter Beweis. 2020 werden diese Aktionen natürlich nicht so umfangreich ausfallen, die Verkehrswacht unterstützen können Sie dennoch. Bei der Aktion „Pfandtastisch“ können Sie in einem der Braunschweiger REWE-Märkte ihren Pfandbon spenden oder im Rahmen von „Braunschweig zeigt Herz“ der Verkehrswacht eine Spende zukommen lassen – sowohl vor Ort am 28. November in der Braunschweiger Innenstadt, als auch per Überweisung. Damit die Verkehrswacht auch in Zukunft Braunschweigs Straßen ein wenig sicherer machen kann.
Information
Spendenkonto
Verkehrswacht Braunschweig e. V.
Braunschweigische Landessparkasse
IBAN DE50 2505 0000 0000 5537 43
Mehr über Braunschweig zeigt Herz erfahren Sie hier.
Geschäftsstelle
Bindestraße 1
38106 Braunschweig
Telefon: 0531 3907222
Telefax: 0531 3907223
E-Mail: Verkehrswacht.Braunschweig(at)t-online.de
Öffnungszeiten
Montag – Mittwoch: 9:00 – 13:00 Uhr
Donnerstag: 13:00 – 16:00 Uhr
Reinhard Manlik
Danke für die redaktionelle Klarstellung!
Gerne kommen wir auf das Angebot zur Vorstellung unserer Arbeit im MSC zurück, der beste Zeitpunkt ist sicher im Frühjahr/Sommer, weil dann (hoffentlich) Außenaktivitäten zeigbar sind.
Bleiben Sie gesund,
Ihr
Reinhard Manlik
Reinhard Manlik
Liebe Frau Großmann,
Sie haben einen sehr schönen Artikel geschrieben der mit Ihren Erfahrungen auf dem Verkehrsübungsplatz beginnt. Sehr gut fand ich dies zunächst, aber dann wird es eine Story über die Verkehrswacht und Frau Moebius. Gut geschrieben und alles richtig, hat aber so gut wie gar nichts mit dem Verkehrsübungsplatz zu tun, denn der wird nicht von der Verkehrswacht betreut. Er wird immer wieder von der Verkehrswacht als „Verkehrsschule 2“ bezeichnet. Damit wird suggeriert, dass die Verkehrswacht Betreiber ist.
Der Platz wird vom Motorsportclub der Polizei Braunschweig im ADAC e.V. (kurz: MSC Polizei BS). Dieser gemeinnützige Verein engagiert sich seit vielen Jahren in der Verkehrserziehung, so werden durch die ehrenamtlichen Mitglieder seit mehr als 40 Jahren die ADAC Jugendfahrradturniere an den Schulen mit jährlich bis zu 5.000 teilnehmenden Kindern durchgeführt. Auf dem Verkehrsübungsplatz finden Sicherheitstrainings statt, gerade wird eine „Tote Winkel“ Aktion mit einem LKW aufgebaut, die Schüler aller 4. Klassen werden im „Radfahren“ durch die Lehrerinnen und Lehrer mit den Verkehrsregeln vertraut gemacht und trainiert, finanziert durch die Stadt Braunschweig. Für die jungen Fahranfänger wird die Aktion „WAM“ (Wait a Minute) durch den ADAC durchgeführt, ebenso auch weitere Sicherheitsaktionen, wie „Achtung Auto“ oder „Pedeleg-Trainings“.
Ich musste dies als Vorsitzender des MSC Polizei BS einmal loswerden. Es gibt auch viele ehrenamtlich tätige Mitglieder , die sich in der Verkehrserziehung neben der Verkehrswacht engagieren.
Wenn der Frühling kommt, Corona hoffentlich abnimmt und das „normale“ Leben wieder langsam beginnt, wäre das sicher auch einen Beitrag unter Braunschweig bloggt möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Manlik – 1.Vorsitzender
Johanna Großmann
Hallo Herr Manlik,
vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar.
Sie haben Recht, dass der Verkehrsübungsplatz nicht von der Verkehrswacht betrieben wird, kommt im Artikel nicht deutlich heraus. Ich habe im Text einen Hinweis dazu ergänzt und wir freuen uns, in Zukunft auch die Arbeit des MSC Polizei BS auf dem Löwenstadtblog vorzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Johanna Großmann