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Marie! Das Leben einer Prinzessin

Marie! heißt die Sonderausstellung im Schlossmuseum Braunschweig und natürlich kann ich eine Ausstellung, die den Titel meiner Namensvetterin trägt, nicht unvoreingenommen besuchen. Schon mit dem Betreten des Ausstellungsraums beginne ich, mich mit der Frau des Schwarzen Herzogs zu vergleichen.

Das Portrait der Herzogin Marie zeigt eine junge, schöne und modebewusste junge Frau. Schlossmuseum Braunschweig

Das Portrait der Herzogin Marie zeigt eine junge, schöne und modebewusste junge Frau. Schlossmuseum Braunschweig

Marie, mit vollem Namen Marie Elisabeth Wilhelmine Prinzessin von Baden, war nur ein kurzes Leben vergönnt, schon mit 25 Jahren verstarb sie bei der Geburt ihres dritten Kindes, einer Tochter. Zuvor hatte sie dem Herzog und dem Herzogtum zwei Thronfolger geboren. Damit hatte sie die ihr zugedacht Rolle schon mehr als genug erfüllt. Denn noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren Frauen dann angesehen, wenn sie ihrem Mann eine gute Ehefrau waren und ihm männliche Nachkommen schenkten. Maries Mutter, Amalie von Baden, bekam diesen gesellschaftlichen Druck sehr deutlich zu spüren. Nach der Geburt ihrer fünften Tochter, Marie, schwand ihr Ansehen am Hof zusehends und das Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter Markgräfin Karoline Luise war angespannt.

Während Maries gesamter Kindheit und Jugend wurde sie auf das Leben einer sanften und gutmütigen Ehefrau vorbereitet. Geprägt von der Aufklärung erhielten sie und ihre Schwestern zwar eine umfangreiche kulturelle wie politische Bildung, wenngleich auch dies die Heiratschancen erhöht haben dürfte. Die Heirat war damals noch immer eine politische Handlung, die den Einfluss auf andere Fürstentümer und Königshäuser verstärkte oder eben minderte. Auch deshalb war Maries Mutter sehr daran gelegen, ihre Töchter mit einer guten Partie zu verheiraten. Was ihr auch gelang: Eine Schwester Maries heiratete den Enkel von Katharina der Großen und war damit im Hochadel Russlands zuhause, eine andere wurde spätere Königin von Bayern und die dritte Königin von Schweden.

Mit 17 Jahren dann war es an der Zeit für Marie, sich zu verheiraten. Auf einem Ball lernte sie Friedrich Wilhelm kennen. Der braunschweigische Prinz war zwar auf dem Papier ähnlich wie Marie kein aussichtsreicher Kandidat für eine machtvolle Position, doch zeichnete sich schon 1801, ab, dass er den braunschweigischen Thron beerben würde. Und so wurde am 12. Juni 1801 die Verlobung bekannt gegeben. In der Ausstellung zu sehen ist ein Auszug aus dem Ehepakt, der zwischen den Häusern Braunschweig-Lüneburg und Baden geschlossen wurde. Darin wurde genau festgehalten, was Maries Rechte und Pflichten waren, wie das Einkommen verwaltet wurde und was im Fall des Todes von Friedrich Wilhelm geschehen würde.

Schon als Kind wollte ich selten Prinzessin spielen, wahrscheinlich weil ich schon damals ahnte, dass das Leben einer Prinzessin weniger glamourös war, als die Kleidung scheint: gerade sitzen, nett lächeln, dem Ehemann nicht widersprechen, den Schwiegereltern Gehorsam leisten. Aus heutiger Perspektive klingt das nach einem sprichwörtlichen Leben im goldenen Käfig.

In der Ausstellung ist auch ein Empire-Kleid aus der Zeit um 1800 zu sehen. Foto: Marek Kruszewski

In der Ausstellung ist auch ein Empire-Kleid aus der Zeit um 1800 zu sehen. Foto: Marek Kruszewski

Nun, so ganz erdrückend wird Marie ihr Leben nicht empfunden haben. Sie genoss eine aufgeklärte Erziehung und hatte Einblicke in die politischen und wirtschaftlichen Belange des Herzogtums. Außerdem liebte sie die Kultur, besuchte Theatervorstellungen und Konzerte, wie man den Briefen an Friedrich Wilhelm entnehmen kann. Marie trug die damals aufkommende Empire-Mode, leichte, wallende Kleider, die den Körper in seiner Natürlichkeit umspielten und nicht mit einem Korsett in eine bestimmte Form zwangen. Auch dies dürfte Marie als Freiheit empfunden haben. Aber auch diese Freiheit hatte ihre Schattenseiten: Die Stoffe der Kleider waren so dünn, dass die Trägerinnen, die auch im Winter nicht auf an die griechische Antike erinnernden Kleider verzichten wollten, häufig krank wurden.

Was mich besonders beeindruckte: Marie setzte im Rahmen ihrer Möglichkeiten eigene Akzente und traf selbständig Entscheidungen. Kurze Zeit nach der Hochzeit besetzte Napoleon das Herzogtum Braunschweig. Friedrich Wilhelm zog in Verteidigungskriege, kam in Gefangenschaft und kämpfte weiter gegen seinen Besatzer. Marie, die mit Napoleon entfernt verwandtschaftlich verbunden war, versuchte durch Briefe ihren Mann vor dem Zorn Napoleons zu bewahren und das Herzogtum zurück zu erobern. Auch wenn die Briefe nicht zum gewünschten Erfolg führten, sie beweisen den Mut Maries, sich, zumindest mit Worten, gegen den größten Herrscher der damaligen Zeit zur Wehr zu setzen

Nachdem Napoleon 1806 Braunschweig besetzte, beschloss Marie mit ihren beiden Söhnen, die späteren Herzöge Karl und Wilhelm, zu fliehen. Mit nur zwei Kutschen machte sie sich auf den Weg nach Schweden zu ihrer Schwester. Ihre Flucht sollte zwei Jahre dauern, bis zu ihrem Tod in Bruchsal bei ihrer Mutter. Während dieser Zeit reiste sie durch Schweden, Dänemark und Deutschland, traf sich immer wieder mit Friedrich Wilhelm, der zeitweise in Gefangenschaft war oder sich auf Schlachten vorbereitete. Mit 25 Jahren starb Marie an den Folgen der Geburt einer Tochter – auch das Kind überlebte die Geburt nicht. Marie wurde in der Familiengruft in Baden bestattet.

Marie hat aufgrund ihres kurzen Lebens nicht viel hinterlassen. Einzig aus den Briefen, die sie und der Herzog sich schickten, Inventarlisten, Urkunden und einigen Gemälden, hat Kuratorin Ulrike Sbresny unter Mithilfe von Dr. Bernd Wedemeyer das Leben der jungen Frau rekonstruiert. Die Ausstellung beleuchtet verschiedene Facetten: Marie in der Jugend, Marie als Herzogin ohne Heimat und Marie auf der Flucht. Ein Archiv mit Briefen und Inventarlisten lädt zum Stöbern ein.

Auch wenn Marie nur ein kurzes Leben leben durfte, so hat sie ihren Mann durch ihre ruhige Art doch nachhaltig beeinflusst. Friedrich Wilhelm sagte nach dem Tod seiner Frau: „Dies meinem Herzen so unendlich teure Wesen habe ich verloren … alles übrige ist mir gleichgültig.“ Danach zog er in die Befreiungskriege gegen Napoleon, die ihn zum legendären Schwarzen Herzog werden ließen.

Für Marie wurde keine Statue gebaut wie für ihren Mann und ihren Sohn. Aber noch heute erinnert das Marienstift an der Helmstedter Straße an die Herzogin. Das Krankenhaus wurde von Herzog Wilhelm nach seiner Mutter benannt.

Informationen

Sonderausstellung Marie! Die Frau des Schwarzen Herzogs
Schlossmuseum Braunschweig
bis 25. Juni 2016

Öffnungszeiten:
Dienstag und Donnerstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr
Mittwoch 13 – 20 Uhr
Eintritt: 3 Euro inkl. Audioguide-Führung durch das Schlossmuseum

Führungen und Sonderveranstaltungen finden Sie auf der Internetseite des Schlossmuseums.

Titelbild: Marek Kruszewski

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