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Macher, die Macher zeigen

Mit Sara Ibendahl und Christo Camillo Czichy sitzen mir zwei Herzblut-Braunschweiger gegenüber, die der Welt zeigen wollen, wie gut es sich in Braunschweig auch als junger Mensch leben lässt. Außerdem sind sie ausgesprochen aktive Initiatoren: Anstatt so lange an Projekten zu feilen, bis diese sich in Luft aufgelöst haben, packen sie einfach an. Und so haben sie eine lang gehegte Idee im Zuge ihrer Abschlussarbeit für ihr Studium im Bereich Medien und Design zum Leben erweckt: beste3000.tv.

beste3000.tv, den Namen müsst ihr mir erklären. Wie ist er entstanden?

Christo Czichy: Uns war wichtig, dass der Name überregional klingt. Wir wollten uns nicht auf die Stadt allein konzentrieren, sondern auf die emotionale Region. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für uns. Die emotionale Region ist weiter als die politische und wirtschaftliche. Der Brocken gehört dazu, aber für einen Braunschweiger gehören auch Hamburg und Berlin zu seinem Dunstkreis. Deshalb haben wir uns vorgestellt, die Region sei größer, also Postleitzahl 30.000. Das klingt nicht so griffig, also eine Null weg und beste3000.tv war dann geboren.

Sara Ibendahl: Es ist kurz und knackig, es ist schnell fassbar, es ist klar. Uns gefällt auch einfach der Klang: beste3000.

Es gibt viele andere Initiativen in der Region, die im Namen die PLZ 38 tragen, angefangen bei der kulturregion38 über das kulturblog38, unser38, tv38 … Wolltet ihr euch auch bewusst von diesen Initiativen abgrenzen?

Sara Ibendahl: Es war keine bewusste Entscheidung, sich dagegen abzugrenzen. Es ist eher aus dem Interesse entstanden, den Regionsbegriff zu erweitern. Wir merken es an uns selbst: Wir leben in Braunschweig, studieren in Hannover, haben Freunde in Hamburg – unsere eigene Region ist viel weiter gefasst.

Was genau macht ihr bei beste3000.tv?

Sara Ibendahl: Wir sind ein nichtlinear Video-Kanal, unsere Berichte kann man jederzeit über unsere Internetseite erreichen, man kann uns aber auch bei Vimeo und bei Facebook abonnieren. Wir behandeln alle Themen, die die Macher hier betreffen: Also all diejenigen, die Projekte anstoßen wollen, die etwas bewegen wollen, die sich mit der Region beschäftigen. Das können Personen aus der kreativen Szene sein, aus der Wissenschaft, aus der Entrepreneur-Szene, aber auch aus einer ganz anderen Ecke. Es geht darum, Dinge zu bewegen.

Dreharbeiten zum Beitrag über Co-Working in Braunschweig. Foto: beste3000.tv

Dreharbeiten zum Beitrag über Co-Working in Braunschweig. Foto: beste3000.tv

Christo Czichy: Wir wollen Mut machen. Und wir wollen sichtbar machen. Viele Projekte in der Region sind richtig geil, da haben Leute richtig viel Herzblut reingesteckt – aber sie sind nicht sichtbar. Uns sind Menschen begegnet, die sagen: „In Braunschweig geht ja nichts, alles ist doof.“ Dabei wissen wir, dass stimmt nicht. Man muss nur einmal die Augen öffnen. Wir wollen zeigen: Hier ist ganz schön viel am Start, hier gibt es Möglichkeitsräume. Wir wollen die Kompetenzen und Aktionen sichtbar machen. Aber wir wollten noch mehr: Nur zu berichten, ist uns zu wenig. Wir wollen das Medium nutzen, in der Mitte, und dann Dinge neu anstoßen. Wir sehen uns als aktivierende Vernetzer.

Nicht nur berichten, sondern auch eigene Projekte anstoßen. Gibt es schon ein konkretes Projekt, von dem ihr erzählen könnt?

Christo Czichy: Das wäre zum Beispiel das Format mixxt. Wir haben den Vorteil, dass wir Leute ansprechen und vernetzen können. Zum Beispiel haben wir einen Nanoforscher und einen Grafikdesigner zusammengebracht, die sonst nie miteinander ein Projekt realisieren hätten. Mit unserer Hilfe bringen sie jetzt eine T-Shirt-Kollektion zusammen heraus. Die beiden Protagonisten stellen in diesem Format etwas auf die Beine. Das wichtigste ist, dass etwas Neues erschaffen wird, das sichtbar in der Realität und kein platter Bericht im Computer ist. Dass man also rausgehen kann, das T-Shirt kaufen und tragen kann.

Sara Ibendahl: Das ist ja auch das Interessante an diesem regionalen Format des Kanals, man kann alles auch in die Wirklichkeit bringen, worüber man berichtet. Wenn etwas deutschlandweite oder internationale Bedeutung hat, dann kriegt man im Alltag wenig davon mit, man hat keine Verbindung dazu. Aber hier können wir etwas bewegen und darüber berichten. Es ist dann gleich näher am Leben.

Ihr seid ein Kanal der mit tv endet – das erinnert an Fernsehen. Was ist anders als Fernsehen, was sind dabei die Vorteile für euch?

Sara Ibendahl: Ein Fernsehkanal ist etwas Berichtendes, etwas Objektives. Wir initiieren auch Situationen, wie zum Beispiel das Zusammenbringen von zwei Personen. Danach begleiten wir den Prozess aber objektiv und berichtend, wie beim Fernsehen.

Wie seid ihr auf das Projekt gekommen? Was war der Anstoß einen Kanal für die Region zu machen?

Sara Ibendahl: Wir haben uns überlegt: Was kann man machen, um dieses Syndrom „Braunschweig ist langweilig, nach dem Studium gehe ich sofort nach Berlin“ zu entkräften? Was kann man tun, um die Dinge, die hier passieren, sichtbarer zu machen? Aus der Frage der Sichtbarkeit ist dann der Kanal hervorgegangen. Wir beide kommen aus der Region und wollen hier auch leben und arbeiten. Und wir freuen uns, wenn die Region positiv dargestellt wird. Wenn wir das, was wir hier sehen, nach außen tragen können.

Über welche Themen wollt ihr berichten? Vor allem über die Kultur- und Kreativregion, in der ihr auch aktiv seid?

Christo Czichy: Nein, überhaupt nicht. Wir haben im Studium gelernt, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit einen hohen Stellenwert hat und davon sind wir auch überzeugt. Für uns ist es normal, dass man mit Wissenschaftlern und Forschern zusammenarbeitet. Für uns hat sich ein Bild ergeben, dass man Kreativ- und Kulturwirtschaft nicht abgrenzt, sondern dass Forscher ebenso kreativ sind. Alle sind kreative Macher, sie stellen etwas auf die Beine mit ähnlichen Zielen, nämlich etwas in der Welt zu bewegen.

Sara Ibendahl: Ein Thema kann uns persönlich interessieren oder nicht, wenn es in dieses Muster passt – also kreativ ist – dann berichten wir darüber. Im Wesentlichen geht es uns um die Menschen, aber natürlich haben wir auch Formate, die eher berichtend sind. Wir wollen ein erlebbares und interessantes Programm gestalten.

Christo Czichy: Dabei fokussieren wir uns aber auf unsere Kernzielgruppe, 20- bis 35-Jährige aus der Region. In diesem Feld wollen wir uns bewegen und nicht so divers werden, dass für jeden etwas dabei ist, aber für niemanden richtig.

Sara Ibendahl: Wir haben auch Lust darauf, zu experimentieren: Was kommt gut an, was nicht so gut? Welche Format funktionieren, wie weit kann man gehen? Was ist gut für die Region und die Stadt?

Wohin soll euer Projekt gehen, was ist das Ziel?

Christo Czichy: Unser Ziel ist es, dass die Außen- und Innensicht der Region deutlich positiver ausfällt. Junge Menschen sollen mit Stolz auf die Region blicken und merken: „Hier lässt es sich echt gut leben und hier kann ich auch ein paar coole Sachen an den Start bringen. Und wenn ich mal was richtig Dickes erleben will, setze ich mich in den Zug nach Berlin. Aber das ist ok, solange ich weiß, was ich hier schätze und nicht nur meckern muss.“ Eine Zufriedenheit mit dem, was wir hier haben. Außerdem wollen wir Hemmschwellen abbauen, damit die Leute aufeinander zugehen und miteinander reden. Vielleicht eröffnen wir mit dem, was wir zeigen, neue Möglichkeitsräume.

Sara Ibendahl: Und wenn Menschen auf uns zukommen, die sagen: „Hey, das, was ihr macht, ist toll, das hat uns dazu gebracht dieses auszuprobieren oder dorthin zu gehen“, das wäre schon super.

Zur Person

Sara Ibendahl, 25, ist gebürtige Peinerin, lebt und arbeitet in Braunschweig, studiert in Hannover im Master Design und Medien und reitet für ihr Leben gern.
Christo Czichy, 30, fühlt sich als eingefleischter Braunschweiger, weil er hier schon seit mehr als 25 Jahren lebt und gefühlt jede Straße kennt. Er studiert mit Sara in Hannover und ist selbständig als Gestalter im Bereich Design und Medien.

Zum Team gehören noch Kameramann Philipp Ziebart und Tonmann Felix Becker:
Philipp Ziebart ist freiberuflicher Gestalter und Fotograf. Als Braunschweiger möchte er auf jeden Fall hier in der Region blieben.
Felix Becker studiert an der TU Braunschweig im Master Medientechnik und kommt ebenfalls aus Braunschweig.

Die Filme von beste3000.tv können auf Vimeo und Facebook angeschaut werden.

(Artikelbild: beste3000.tv)

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