Friedlich. Das Wort kommt mir als erstes in den Sinn, als ich den Hof der Klostergärtnerei Riddagshausen betrete. Auf dem Hof stehen Wagen mit Stiefmütterchen, Perlhyazinthen, Osterglocken und den ersten Kräutertöpfen des Jahres – hin und wieder blinzelt die Sonne durch die Wolkendecke und im Hintergrund ist das mächtige Gebäude der Klosterkirche Riddagshausen zu sehen.
Die Klostergärtnerei öffnete zum ersten Mal im Mai 2014 ihre Pforten, und zwar auf dem Gelände der alten Stadtgärtnerei. Inzwischen ist sie täglich geöffnet, auch am Wochenende. Zurzeit arbeiten 15 Beschäftigte mit Behinderung in der Klostergärtnerei, nach einem Umbau sollen es 24 werden. Projektleiter ist Olaf Redlin, der mich freundlich auf dem Hof begrüßt und mir heute die Gärtnerei zeigen wird.
Olaf Redlin führt mich zum Gebäude auf der rechten Seite: In den Verkaufsräumen, die früher einmal als Lagerräume und zu noch früherer Zeit vielleicht als Ställe gedient haben, liegen frisches Obst und Gemüse, stehen Kräutertöpfe und Dekorationsartikel und in einem alten Küchenschrank gibt es eine Auswahl an Samen und getrockneten Gewürzen. „Wir verkaufen hier das ganze Jahr über Gemüse, Obst und Kräuter aus eigenem Anbau. Und was es nicht gibt, weil gerade keine Saison dafür ist, kaufen wir aus ökologischem Anbau dazu.“
Im Samenregal entdecke ich Samen der Braunschweiger dunkelblutroten Zwiebel. Dunkelblutrote Zwiebel? Als Braunschweiger Spezialitäten kenne ich die Mumme, Spargel, Braunkohl, Lebkuchen und Wurst – aber die Braunschweiger Zwiebel ist mir neu. Olaf Redlin erklärt mir, dass die Zwiebel eine alte Sorte ist, die sehr widerstandsfähig und deshalb auch ertragreich sei. Außerdem sei sie mild im Geschmack und aufgrund ihrer tollen Farbe besonders gut für Salate geeignet.
Wie die Zwiebel bauen Olaf Redlin und sein Team in der Gärtnerei alle Gemüsesorten und Kräuter nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus an, daneben produzieren sie auch konventionelle Balkon- und Zierpflanzen. Dafür stehen sieben Glashäuser, ein Folienhaus, Frühbeete und Ackerfläche zur Verfügung. „Wir legen sehr großen Wert auf die Qualität – bei der ökologischen Produktion wie auch bei den Zierpflanzen. Das merken auch unsere Kunden. Wir haben uns schon Stammkunden erarbeitet, aber es kommen auch immer neue Leute dazu“, erzählt Olaf Redlin und berichtet, dass viele Brautpaare, die sich in der Klosterkirche trauen lassen, den Sektempfang in der Klostergärtnerei zwischen Rosen, Orchideen und Kräutern ausrichten.
Den Verkaufsräumen gegenüber befinden sich die Anzuchthäuser, in die mich Olaf Redlin nun führt. Die Glashäuser sind aufwändig renoviert worden und mit einer modernen Klima- und Bewässerungsanlage ausgestattet. Drinnen ist es angenehm warm – die Tomaten wachsen gerade bei 18°C vor sich hin, bei den Kräutern ist es etwas wärmer.
Wir folgen den Mitarbeitern nach draußen. Regnen wird es heute nicht mehr, so dass die meiste Arbeit im Außenbereich anliegt. Die Frühbeete müssen von Unkraut befreit, die Ackerfläche für die Bepflanzung vorbereitet werden. In den Beeten leuchten die ersten Pflanzen mit der herauskommenden Sonne um die Wette.
Olaf Redlin zeigt mir noch den KinderGarten, der ebenfalls vorbereitet werden muss. Einmal in der Woche kommen Kinder aus der Grundschule Gliesmarode, um Gemüse anzubauen. „Die Kinder sollen lernen, dass Salat und Früchte nicht im Supermarkt wachsen, sondern auf dem Acker. Was sie hier ernten, nehmen sie mit für ihre Schulküche. So können sie ihre Ernte gleich selbst genießen.“ Auch mit der IGS Volkmarode arbeitet die Klostergärtnerei zusammen und liefert Gemüse und Kräuter für die Schulküche.
Die Klostergärtnerei wird von der Neuerkeröder Werkstätten GmbH betrieben, einer Tochtergesellschaft der Evangelischen Stiftung Neuerkerode, die seit mehr als 140 Jahren dabei hilft, Menschen mit besonderem Hilfebedarf an der Gesellschaft teilhaben zu lassen. Die Beschäftigten in der Klostergärtnerei arbeiten selbständig und werden so auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet. Neben der gärtnerischen Tätigkeit helfen sie auch aktiv beim Verkauf.
Für mich und viele andere bietet die Klostergärtnerei neben leckeren Kräutertöpfen, ökologisch angebautem Gemüse, Pflanzen und Dekoration vor allem auch einen Ort, an dem man die Natur genießen kann. Der nächste sonntägliche Spaziergang in Richtung Riddagshausen führt mich bestimmt auch zur Klostergärtnerei. Inmitten der Pflanzen werden meine Begleitung und ich dann eine kurze Verschnaufpause einlegen, bevor es zurück in die Stadt geht.
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