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Kaffeegenuss aus der Manufaktur

Wenn man in Braunschweig mehr über Kaffee erfahren will, ist klar, wohin der Weg führt: Die Kaffeemanufaktur Heimbs kann in Braunschweig auf eine über 130-jährige Geschichte zurückblicken. Ich habe mich mit Urte Stahl verabredet, die als Coffeologin bei Heimbs vor allem Barista und Cafémitarbeiter schult. Das fängt bei der Kaffeekirsche an, hört bei der Wasserhärte für den Aufguss auf und dazwischen sprudeln interessante Fakten über Herkunftsländer, Erntephase, Röstung und Zubereitung aus ihr heraus. Jetzt aber führt sie mich zunächst in den Keller – dasRohkaffee-Lager.

Hier im Gewölbekeller am Rebenring werden die Kaffeebohnen in 60kg-Säcken angeliefert und gelagert. Irgendwie scheint der Keller aus der Zeit gefallen, die alten Gewölbe, Kaffeebohnen in groben Jutesäcken, der Geruch unbehandelten Kaffees. Nur die Strichcodes an den Jutesäcken verraten, dass die Säcke nicht auf den Schultern hierher transportiert wurden. 5.000 bis 8.500 Kaffeesäcke aus 18 Provenienzen lagern hier unten. Die kühle Umgebung ist wichtig, damit sich die Bohne nicht durch höhere Temperaturen verändert und der Kaffee plötzlich anders schmeckt als erwartet. Urte Stahl zeigt mir verschiedene Kaffeebohnen: Arabica aus Brasilien, Java Terang aus Indonesien und entkoffeinierte Bohnen aus Botswana. Letztere sind grüner als die hellen, unbehandelten Bohnen aus Brasilien und Indonesien.

Die Kaffeebohnen werden von hier unten durch ein Rohr, den Saugförderer, fünf Stockwerke nach ganz oben unters Dach in die Rösterei transportiert. Dort angekommen warten sie auf die Röstung. Im Gegensatz zur massenindustriellen Röstung werden hier nur kleine Mengen im patentierten Aerotherm-Röster verarbeitet. Das Röstverfahren wurde 1954 in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Braunschweig entwickelt und bestimmt seitdem den Geschmack des bei Heimbs gerösteten Kaffees. Anders als in einem Trommelröster werden die Bohnen in einem riesigen Trichter im heißen Luftstrom geröstet: Erhitzte Luft wirbelt die Bohnen durcheinander, lässt sie scheinbar tanzen, ohne dass sie dabei an heißen Metallteilen klebenbleiben und verbrennen. In der Hitze trennt sich auch die Spelze von der Bohne, die sich wie ein Silberhäutchen um diese herumlegt. Normaler Kaffee röstet vier bis fünf Minuten bei 250°C bis 270°C, je nach Anbaugebiet, Zeitpunkt der Ernte, Größe der Bohnen. Diese Faktoren muss der Röstmeister berücksichtigen, um die perfekte Röstdauer und -temperatur einzustellen. Für Espresso wird die Langzeitröstung angewendet, die ungefähr acht Minuten bei einer Temperatur von 235°C dauert. Den Unterschied kann man leicht erkennen: Während normal geröstete Kaffeebohnen eher bräunlich sind, sind die Espresso-Bohnen sehr dunkel.

Um den Geschmack punktgenau zu erhalten, werden die Bohnen nach dem Rösten direkt gekühlt und kommen dann in die Verlesemaschine. Die prüft in einem Bruchteil von Sekunden jede Bohne – so schnell, dass ich keine einzige dabei ins Auge fassen kann.

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Vierzehnmal 500 Gramm bitte – In den Waagschalen der Kombinationswaage rieseln so lange Kaffeebohnen, bis das gewünschte Gewicht erreicht ist. Foto: Heimbs Kaffee GmbH.

Jetzt endlich dürfen sich die Bohnen etwas Ruhe gönnen – oder sie müssen. Zum Ausdünsten werden sie in sogenannte Bohnensilos zwischengelagert, wo sie mindestens zwölf Stunden unter Zugabe von Stickstoff ruhen. Das ist wichtig, damit sich später die Kaffeepackung nicht aufbläht und sich der Geschmack des Kaffees nicht verändert. Nach der Pause wird entschieden: Ganze Kaffeebohnen oder doch lieber gemahlener Kaffee? Soll der Kaffee noch gemahlen werden, wird er wieder ins vierte Obergeschoss zur Mühle transportiert. Dort wird er gemahlen, abgewogen und verpackt. Vom Rebenring aus liefert Heimbs den Kaffee deutschlandweit aus. Oder eben „nur“ bis in die Touristinfo, wo im Heimbs Café der Kaffee aus der Löwenstadt serviert und verkauft wird.

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Anhand der Färbung des gerösteten Kaffees erkennt der Experte, ob der Kaffee bitter schmecken wird oder nicht. Foto: Heimbs Kaffee GmbH

Dem gesamten Weg einer Kaffeebohne durch die Heimbs Manufaktur sind Urte Stahl und ich jetzt gefolgt, eine Station aber haben wir noch vor uns, eine wichtige: die Qualitätsprüfung. Hierher kommt nicht jede Bohne, allerdings wird von jeder Lieferung Kaffee mindestens eine Stichprobe untersucht. Mehr noch: Bevor eine Kaffeeernte überhaupt geliefert wird, wird eine Vorprobe hier geprüft. Passt sie qualitativ und geschmacklich zu den vorher verarbeiteten Ernten, darf sie ihre Reise aus dem Ursprungsland über den Ozean, die Elbe und den Elbeseitenkanal antreten. In dem hellen, großen Raum stehen Kaffeevollautomaten, Kaffeehalbautomaten, Filterkaffeemaschinen, Porzellanfilter, Plastikfilter … Jede Vorrichtung, mit der ein Kaffee zubereitet werden kann, ist hier zu finden. Ebenso wie verschiedene Mühlen. Und Messgeräte. Ein Gerät misst die Feuchtigkeit, ein anderes den Bräunungsgrad und, und, und.

Täglich kommen um 10.00 Uhr und um 14.00 Uhr sieben Experten zur Kaffeeverkostung und testen zwischen 50 und 100 Tassen Kaffee. Ausschließlich aus weißen Porzellantassen wird getrunken, schließlich gibt Porzellan die wenigsten Aromastoffe an den Kaffee ab und dieser bleibt so ganz unverfälscht. Weil einzelne Ernten unterschiedlich ausfallen und schmecken, versucht die Qualitätsprüfung das richtige Mischverhältnis zu bestimmen, so dass der Kaffee auch als Heimbskaffee „erschmeckt“ werden kann.

Zum Schluss der Besichtigung gönnen wir uns einen frisch aufgebrühten Kaffee und Urte Stahl erzählt mir ein wenig über ihre Arbeit. Zum Beispiel, dass das Wasser eine große Rolle beim Kaffeekochen spielt, schließlich besteht Kaffee zu 98% aus Wasser. Das Wasser in Braunschweig sei eigentlich ein bisschen zu weich für den perfekten Kaffeegenuss. Das kann ich nicht bestätigen, mir schmeckt der servierte Kaffee hervorragend.

Führungen durch die Kaffeemanufaktur Heimbs können auf Anfrage gebucht werden, Beginn der Führungen ist freitags um 9:00 Uhr. Nur für Gruppen mit mindestens sieben und maximal elf Personen.

(Artikelbild: Heimbs Kaffee GmbH)

1 Comment

  • 19.07.2022at13:03

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    „Weitere Artikel der:s Autor:in“ gibt es einen vernünftigen Grund diesen unaussprechlich dumme Konstrukt zu rechtfertigen? Da es sich nur um Artikel von Frau Stenzel handelt, heißt die korrekte Form: weitere Artikel der Autorin. Wem ist denn beim Gendern der Draht aus der Mütze geflogen?
    Mit freundlichen Grüßen
    Michael Dojel

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