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Austausch auf Augenhöhe

Der Gastraum ist noch leer, als ich am Morgen die KaufBar des Deutschen Roten Kreuzes an der Helmstedter Straße betrete. Das bedeutet: freie Sicht auf Einrichtung und Inventar. Hier sieht kein einziger Tisch aus wie der andere und auch die Stühle sind nicht alle gleich. Das Inventar wirkt wie eine Zeitreise durch die Jahrzehnte. Die gepolsterte Sitzecke erinnert mich an meine Kindheit und die Küche meiner Eltern. Hier nehme ich Platz, gemeinsam mit Heike Blümel, der Leiterin der KaufBar: „Das sind alles Spenden“, erzählt sie mir. Kein hochmodernes Design-Konzept, keine durchgestylte Hochglanz-Einrichtung, und trotzdem oder vielleicht gerade deswegen ist es auf Anhieb gemütlich. Zu sehr an einen Lieblingsplatz gewöhnen sollte man sich allerdings nicht: „Alles hier kann von den Gästen gekauft werden“, sagt Heike Blümel. Klar, deswegen heißt es „KaufBar“. Die Idee dahinter: „Die Sachen, die du hier benutzt, zum Beispiel die Tasse, aus der du trinkst, kannst du auch erwerben.“ Auch die kleinen Accessoires auf den Fensterbänken, ein Sammelsurium aus persönlichen Erinnerungsstücken und – passend zur Jahreszeit – aussortierter Weihnachtsdeko, stehen zum Verkauf. Nebenan, im Second-Hand-Laden des DRK, sind auch Kleidung und Spielzeug zu finden.

Während wir unseren Cappuccino schlürfen, herrscht in der Küche bereits geschäftiges Treiben. Denn die KaufBar bietet von Montag bis Freitag einen täglich wechselnden Mittagstisch an. Gekocht wird ausschließlich vegetarisch. Auf die Tageskarte kommen zum Beispiel Pasta mit Möhren-Oliven-Pesto, „Güls Linsensuppe“, Spinat-Schafskäse-Lasagne mit Tomatensalat oder Kichererbsentaler mit Mangochutney, hausgemachtem Dinkelsesambrot und grünem Salat. „Wir kaufen täglich frisch ein, von den Kräutern bis zum Gemüse“, sagt Heike Blümel. Gesund und international soll es sein. So international wie die Menschen, die sich in der KaufBar engagieren. Die Köchin kommt aus Spanien, die Tresenleitung aus Litauen, Heike Blümels rechte Hand im Kultur- und Sozialbereich stammt aus Uganda, um die Veranstaltungen kümmern sich Pete aus England und Joanna aus Tschechien. Auch Menschen aus Frankreich und der Türkei arbeiten hier. Ein junges Mädchen aus England absolviert gerade ein Jahr lang den europäischen Freiwilligendienst.

Nicht nur, was die Herkunft der Mitarbeiter angeht, wird in der KaufBar Vielfalt groß geschrieben. Unterschiedliche Generationen, Länder und soziale Schichten – jeder Gast ist willkommen, die gängigen Klischees und Vorurteile sollen keine Rolle spielen. „Hier werden Gespräche mit Respekt und auf Augenhöhe geführt“, so Blümel. Sie versteht die KaufBar als „soziokulturellen Raum, in den jeder etwas einbringt“. Auf der schlicht gestalteten Speisekarte reihen sich konträre Begriffe aneinander, „selbermachen“ und „engagieren“ sind hier ebenso zu lesen wie „nixtun“ und einfach nur „sein“. Ob man arbeitslos ist oder als Professor ein Leben in Wohlstand führt – all das sind hier in der KaufBar unwichtige Rahmendaten, die man direkt an der Eingangstür ablegen kann. Das klingt idealistisch, manch einer mag es für utopisch halten. Aber laut Heike Blümel, die den Aufbau und die Entwicklung der KaufBar über Jahre begleitet hat, ist dieser Austausch auf Augenhöhe kein Wunschgedanke, sondern hier täglich zu erleben.

Neben den Mitarbeitern, die gerade in der Küche wirbeln, lebt der Austausch in der KaufBar auch von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Eine Anwältin, die an einer Hochschule lehrt, bedient einmal pro Woche die Gäste. Ein ehemaliger Lehrer hilft regelmäßig beim Tagesgeschäft. Und da gibt es noch den KaufBar-Bon, den viele nutzen  um anderen anonym ein Lächeln zu schenken. Die gespendeten KaufBar-Bons werden an einer Tafel ausgehängt und können von finanziell schwachen Menschen gegen eine warme Mahlzeit eingetauscht werden. „Leise spenden, leise nehmen“, nennt Heike Blümel das.

Neben dem Gastro-Betrieb gibt es auch Veranstaltungen und Kurse in der KaufBar. Viele der angebotenen Kurse werden von Ehrenamtlichen geleitet, so zum Beispiel die KreativBar und die Nähgruppe „NähBar“. Musiker aus ganz Deutschland machen Station in der KaufBar und spenden die Erlöse ihrer Konzerte für den guten Zweck. Dazu gibt es Lesungen, Theater, Filmvorführungen und Projekte für Kinder. Wenn Heike Blümel von „Freiraum zum Gestalten“ spricht, meint sie das wörtlich. Bestes Beispiel: Die Veranstaltung „Offene Bühne – Alles erlaubt!“ Dort sind mutige Laien herzlich willkommen.

Die KaufBar des Deutschen Roten Kreuzes bietet auch Sozialberatung an und gestaltet die Blutspende-Aktionen des DRK mit. Sie ist darüber hinaus regelmäßiger Treffpunkt für Stammtische sowie Gruppen, die sich im kulturellen Bereich engagieren. Eine Übersicht über alle Projekte und Veranstaltungen der DRK-KaufBar ist unter http://www.drk-sprungbrett.de/ zu finden.

Adresse:
DRK Braunschweig-Salzgitter Sprungbrett gGmbH
Helmstedter Straße 135
38102 Braunschweig

Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 11 bis 20 Uhr, open End bei Veranstaltungen

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