Ein fast zaghaftes Zupfen, ein gefühlvolles Streichen – Peter-Philipp Staemmler ist konzentriert, seine Muskeln sind angespannt: Plötzlich tanzt der Bogen temperamentvoll über die Saiten des Cellos. Auch Martin Funda lässt seinen Bogen über die Geige schnellen, blickt zu Johanna Staemmler, die ihre Geige hebt, den Bogen ansetzt und einstimmt. Teresa Schwamm schließt kurz die Augen, zieht den Bogen gefühlvoll über ihre Bratsche und komplettiert damit den Klang des Armida Quartetts. Ich bin entspannt, lausche und genieße das NDR Kultur Foyerkonzert im Herzog Anton Ulrich-Museum.
Noch vor einer Stunde war ich gespannt bis in die Haarspitzen, als ich vor dem imposanten Gebäude des Museums stand. Lange Jahre war es geschlossen, wurde als größte Kulturbaumaßnahme des Landes aufwendig saniert. Die Arbeiten sind noch nicht ganz abgeschlossen, gerade werden die Räume eingerichtet, Kunstwerke gehängt und Vitrinenscheiben geputzt. Eröffnung feiert das Museum am 23. Oktober. Doch heute wird eine Ausnahme gemacht: Für das Konzert im Rahmen der NDR Kultur Foyerkonzerte und damit auch für mich und die anderen Zuhörer. Wir können einen ersten Blick in das Foyer des sanierten Museums werfen, das eines der ältesten in Deutschland ist.
Das Foyer ist schon gut besetzt, als ich ankomme. Auf der Suche nach einem Platz schweift mein Blick erst über die Stuhlreihen, wandert dann aber durch den Raum, zu den hohen Decken, die stimmungsvoll beleuchtet sind. Von ihnen hallt das Stimmengewirr der rund 150 Besucher wider. Mein Blick bleibt an einer Statue hängen, die vor einem auffälligen Blau der sonst weißen Wände platziert ist. Sie gibt dem Foyer seinen Namen: Foyer des Apoll. Es ist eigens für Veranstaltungen hergerichtet worden, erzählt der leitende Direktor des Museums Prof. Dr. Jochen Luckhardt, als er uns zur ersten Veranstaltung in dem neu entstandenen Raum begrüßt.
Direkt vor der Statue sitzen die jungen Musiker, keine vier Meter von mir entfernt. Das schafft eine persönliche Atmosphäre und erlaubt mir als Kammermusik-Laien ein paar Feinheiten ihres Spiels zu erkennen. Besonders erstaunt mich, wie intensiv das Muszieren sein kann. Die Bögen fliegen über die Saiten ihrer Streichinstrumente, wild durcheinander auf den ersten Blick. Erst bei genauem Hinsehen erkenne ich, wie gut sie aufeinander abgestimmt sind, erkenne fast so etwas wie eine Choreografie. Ein Blick, ein Augenaufreißen – so kommunizieren sie miteinander während des Stückes. „Augenbrauen ziehen reicht da für den Einsatz“, erklärt Peter-Philipp Staemmler zwischen zwei Sätzen des Komponisten Antonín Dvořák. „Kammermusik lebt von der Kommunikation, auch der non-verbalen.“
Seit zehn Jahren spielen sie zusammen und haben von Anfang an musikalisch harmoniert, erzählt Teresa Schwamm. Ein besonderer Erfolg war der Gewinn des ersten Preises beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 2012. Seitdem ging es steil bergauf. Wie es dazu kam, wissen sie nicht, aber Teresa Schwamm hat eine Vermutung: „Ich glaube, es ist die Energie, diese wahnsinnige Passion für das, was wir machen.“
Das kann ich gut verstehen. Auch mich haben sie mitgerissen und auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt: Trauer, Freude, Spannung und Ruhe. Das alles in rund 90 Minuten. Eins ist mir danach klar: Das war sicher nicht mein letztes Kammermusikkonzert. Und zum Glück kann man die emotionale Achterbahnfahrt nachempfinden: zu Hause vor dem Radio. Am Sonntag, 26. Juni, sendet NDR Kultur um 18:00 Uhr einen Zusammenschnitts des Konzerts.
Hier gibt es schon einen kleinen Vorgeschmack auf das Armida Quartett:
Beitragsbild: NDR / Oliver Nimz
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