Herzlich willkommen – eine etwas unkonkrete Überschrift für einen Text über den Weltladen Braunschweig. Und doch passend, denn wenn ich an das Gespräch mit Magdalene Lichte-Dierks und Christel Kindermann zurückdenke, macht sich genau dieses Gefühl in mir breit: herzlich willkommen zu sein.
Den Weltladen Braunschweig gibt es nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Angefangen hat alles Anfang der 1980er Jahre in der Karlstraße. Zehn Jahre später kam Magdalene Lichte-Dierks dazu und war auch dann noch dabei, als der Eine-Welt-Laden, wie er damals noch hieß, in den Stadtjugenddienst eingegliedert wurde. Kürzlich nun hat der Weltladen neue Räumlichkeiten in der St. Jakobi-Gemeinde bezogen, wo ich mich mit Magdalene Lichte-Dierks und Christel Kindermann verabredet habe.
Die beiden Frauen sind das Gesicht und Herz des Weltladens. Einmal in der Woche, immer donnerstags von 15:30 bis 19:30 Uhr, öffnen sie den lichtdurchfluteten Raum und heißen jeden willkommen, der sich mit fair gehandelten Produkten eindecken will oder einfach nur ein Gespräch sucht. Die Regale an den Wänden sind fast deckenhoch und voll mit Waren, die unterschiedlicher nicht sein können: Von Tee und Kaffee, Schokolade und Süßes über Lebensmittel für den täglichen Bedarf bis hin zu Allzweckreiniger und Spielzeug. Geschenkartikel dürfen natürlich auch nicht fehlen. Allen Produkten gemeinsam ist, dass sie fair gehandelt sind.
Entgegen meiner Annahme geht es im Weltladen Braunschweig nicht in erster Linie darum, möglichst viele fair gehandelte Produkte zu verkaufen, sondern darum, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Und wie ginge das einfacher als mit einem offenen Gespräch? Dafür sind Magdalene Lichte-Dierks und Christel Kindermann gern zu haben: Sie haben einen schier unendlichen Wissensschatz über die Produkte, die sie verkaufen, können über die Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern berichten, wissen aber auch, wie es mit den Produkten in Deutschland weitergeht und worauf zu achten ist. Für diese Gespräche steht ein Tisch direkt unter dem Fenster, hier kann diskutiert werden oder im reichlich vorhandenen Informationsmaterial geblättert werden.
An diesem Tisch sitzen nun auch wir, vor mir dampft eine Tasse fair gehandelter Kaffee, auf einem Teller liegen getrocknete Mangostreifen, denen ich beim ersten Bissen verfallen bin, so süß-sauer-lecker sind sie. Die Verpackung der Mangostreifen verrät deren Herkunft: Sie werden von der Kinderschutzorganisation Preda auf den Philippinen hergestellt und mit dem Kauf des Produkts wird deren Arbeit unterstützt. „Anhand unserer Produkte wollen wir ein politisches Bewusstsein bilden und werben mit ihnen für einen besseren Welthandel“, erzählt Magdalene Lichte-Dierks. Einmal angefangen, ist sie kaum zu stoppen. Für sie kann Globalisierung nur gelingen, wenn es einen fairen Handel gibt, das sind faire Bedingungen für die Natur, für die Arbeiter vor Ort und für die Weiterverarbeitung in Deutschland. „Globalisierung bedeutet, dass wir uns die gesamte Handelskette anschauen, von der Produktion bis zum Verkauf. Was bringt es, wenn wir darauf achten, dass die Kaffeebauern fair entlohnt werden, die Verkäufer hier in Deutschland unter Mindestlohn bezahlt werden. Unsere Produkte sind menschen-gerechte Produkte. Sie werden denen, die sie erarbeiten, gerecht, aber auch uns.“
Bevor wir weiterreden können, kommt ein Herr in den Laden. Da er den Weltladen schon länger kennt, wird er gleich zu unserem Gespräch eingeladen, bekommt eine Tasse Kaffee eingeschenkt und ist nun mittendrin. Ich erwähne ihn auch deshalb, weil er kurz und knapp auf den Punkt bringt, was den Weltladen ausmacht: „Ihr [gemeint sind Christel Kindermann und Magdalene Lichte-Dierks stellvertretend für alle Weltläden Deutschlands] schafft mit dem Weltladen die Grundlage für einen großen Markt. Fairer Handel tritt immer stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit, bei Edeka, Rewe und sogar Lidl werden fair gehandelte Produkte verkauft. Den Anstoß der öffentlichen Debatte haben die Weltläden gelegt.“
„Das stimmt“, schaltet sich Christel Kindermann ein, „mit den Produkten schaffen wir ein Bewusstsein, dass mit jedem Kauf etwas ausgesagt wird. Und diese Denkweise wird immer populärer.“ Das habe positive wie auch negative Auswirkungen, denn je größer, desto unübersichtlicher der Markt. „Wir beziehen unsere Produkte ausschließlich von Händlern, die FairTrade aus Überzeugung anbieten. Zum Beispiel El Puente oder GEPA, die sind schon seit über 40 Jahren im Markt und kennen ihre Hersteller persönlich.“
Durch die Arbeit im Weltladen lerne man die Kunden ganz anders kennen, sagt Christel Kindermann: „Es ist etwas ganz Anderes, wenn ich als Kunde bei Edeka oder Aldi einkaufe oder im Weltladen. Hier ist alles viel persönlicher, wir reden mit den Kunden, wenn sie mögen. Viele kommen schon seit Jahren hierher.“ „Jeder ist willkommen“, ergänzt Magdalene Lichte-Dierks, „Wir freuen uns über neugierige Leute genauso wie auf kritische. Ob Käufer, Studierende, die sich auf eine politische Diskussion freuen oder Schüler, die Seminararbeiten schreiben müssen und sich hier informieren wollen. Material haben wir genug“, dabei zeigt sie auf das Regal hinter der Kasse, dass bis zur Decke mit Ordnern und Büchern gefüllt ist.
In erster Linie verstehen Magdalene Lichte-Dierks und Christel Kindermann den Weltladen als Treffpunkt für alle Menschen, egal, ob sie etwas kaufen wollen oder einfach nur ein Pläuschchen halten wollen. Neben der Arbeit im Laden, geht Magdalene Lichte-Dierks auch in Schulen oder kirchliche Einrichtungen, um über fairen Handel aufzuklären. Die pädagogische Arbeit nimmt sie sehr ernst. Aus einem dieser Projekte ist auch die Fair-Trade-AG in der Ricada-Huch-Schule entstanden. Schülerinnen und Schüler verkaufen in den Pausen fair gehandelte Snacks. Unterstützt werden sie vom Weltladen. „Ich würde mich freuen, wenn dieses Beispiel an weiteren Schulen in Braunschweig umgesetzt würde.“
Außerdem freuen sie sich über Verstärkung, damit der Laden häufiger geöffnet sein kann. „Ich habe früher im Stadtjugenddienst gearbeitet und den Laden so schon lange begleitet“, erzählt Christel Kindermann. „Weil ich das Projekt und die Arbeit von Magdalene so toll finde, unterstütze ich seit meiner Pensionierung den Laden ehrenamtlich. Magdalene ist mit so viel Engagement dabei, es wäre schade, wenn das Projekt mangels ehrenamtlicher Hilfe nicht fortgeführt werden könnte.“ Das kann ich nur unterstützen. Braunschweig braucht einen Ort wie den Weltladen, wo jeder willkommen ist und mit einer Herzlichkeit und Neugierde empfangen wird. Eigentlich braucht es noch viel mehr davon.
Informationen
Weltladen
Goslarsche Straße 31 (der Eingang befindet sich links neben der Kirche St. Jakobi) 38118 Braunschweig Öffnungszeiten: Do. 15:30 bis 19:30 Uhr
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