Schriftsteller, Lehrer und Regisseur – an Kreativität mangelt es Klaus Nührig sicher nicht. 1958 ist er in Wrestedt geboren und hat nach seinem Abitur Germanistik, Politik und evangelische Religion in Göttingen studiert. Auf sein Referendariat in Braunschweig folgte eine Ausbildung zum Fachlehrer für Darstellendes Spiel an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel. Seit 2010 ist er einer der sieben Autoren von „Mord auf der Oker“ und gibt bei den kriminalistischen Lesungsfahrten seine Geschichten zum Besten.
Das ist bereits ihr achtes Jahr als einer der Autoren von Mord auf der Oker – Was gefällt Ihnen daran?
Ich finde es toll, einen direkten Kontakt zum Publikum zu haben. Als Autor ist man ein einsamer Mensch, man will ja auch beim Schreiben nicht gestört werden. Wenn ich bei „Mord auf der Oker“ vorlese, dann können sich die Geschichten noch entwickeln. Ich frage dann auch nach, ob alles verständlich war und ob es dem Publikum gefallen hat. Dann bekomme ich Anregungen, die ich einfließen lasse. Sie hören bei meiner ersten und meiner letzten Fahrt also nicht zwangsläufig dieselbe Geschichte.
Welche Geschichten höre ich denn? Lesen Sie Auszüge aus Ihren Büchern oder kürzen Sie etwas zusammen?
Aus meinen Kriminalromanen habe ich früher gelesen. Der Vorteil daran ist, dass die Bücher alle lektoriert wurden und ausgereift sind, da ich drei Jahre an jedem Buch gearbeitet habe. Da musste ich aber viel erklären, weil ich nur Ausschnitte vorlesen konnte. Dieses Jahr werde ich aber, wie schon die vergangenen beiden Jahre, Geschichten lesen, die ich nur für „Mord auf der Oker“ geschrieben habe. Die Besonderheit daran ist: Sie spielen bei „Mord auf der Oker“, also der Autor, der vorliest, spielt eine Rolle. Im letzten Jahr wurde er sogar totgeschossen. Da war er allerdings auch der Schurke.
Und was passiert dieses Jahr?
In diesem Jahr ist es anders – da ist er der Gute. Man kann vielleicht so viel verraten: Er hat eine Geschichte gehört über eine Frau, die sich im Lechlumer Holz, einem Wald zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel, das Leben genommen hat. Er wohnt gleich in der Nähe und das hat ihn sehr berührt. Nun will er gar nicht herausfinden, welche Frau das war, sondern er erfindet eine Kriminalgeschichte und liest diese bei „Mord auf der Oker“. Davon erfährt derjenige, der seine Frau verloren hat, und besucht die Lesung, um zu erfahren, ob es Gemeinsamkeiten zwischen dem Schicksal seiner Frau und der Kriminalgeschichte gibt. So spiele ich mit dem Gedanken, dass dort vorne auf dem Floß jemand steht, der etwas erzählt und die Leute dann das Gefühl haben, das hat etwas mit ihnen zu tun.
Apropos Spielen: Ich habe gelesen, dass Sie auch eine Theaterausbildung gemacht haben – Wie viel Schauspiel fließt in Ihre Lesungen ein?
Ganz viel – das ist ein ganz großer Vorteil. Manchmal werde ich auch gefragt, ob ich schon mal Theater gespielt habe. Am liebsten lese ich Dialoge, denn der Erzählerbericht ist ja immer neutral. Es macht Spaß, die Charaktere zum Leben zu erwecken und die Emotionen in den Dialogen zu transportieren.
Wie reagiert das Publikum auf Ihre Geschichten?
Was ich phänomenal finde, ist, dass Menschen so konzentriert zuhören können über einen langen Zeitraum. Ich lese in drei Blöcken und mache fünf Minuten Pause dazwischen. Dann können sich die Leute unterhalten, auch über die Geschichte. Manche rätseln mit oder fragen nach. Toll ist es, Bestätigung zu bekommen. Einmal habe ich mich mit einem Kommissar unterhalten, der kommissarische Methoden aus meinem Buch „Das Haus an der Paulikirche“ bestätigt hat.
Wieso schreiben Sie Krimis?
Ich habe früher Hörspiele geschrieben und kam dadurch zur Mitgliedschaft im Verband deutscher Schriftsteller. Dort kam ich schnell in den Vorstand, dessen Vorsitzender der Ehemann einer Verlegerin war. Er hat den Entwurf meines ersten Buches „Auge“ gelesen und gesagt, dass deren Verlag ein Krimiverlag ist und ich versuchen sollte, aus „Auge“ einen Krimi zu machen. Das ist es aber nie so richtig geworden, es ist eher eine Tragödie. Beim nächsten Mal wollte ich eigentlich gar keinen Krimi schreiben, aber dann hatte ich die Idee für mein Buch „Penny Lane“, eine Geschichte mit vielen Rätseln. Das wurde mein erster klassischer Krimi.
Ist ein weiterer Krimi geplant oder auch schon in Vorbereitung?
Ich möchte eine der Geschichten von „Mord auf der Oker“ für einen langen Krimi verwenden. Da muss ich aber noch sehen, wie ich das genau mache.
Zu guter Letzt: Was muss ein guter Krimi für Sie haben?
Die Figurenkonstellation muss interessant sein. Dabei ist die Hauptperson etwas besser als der Durchschnitt, aber sie hat ein Geheimnis – einen dunklen Fleck in ihrem Leben. Dieser wird aufgedeckt und daraus ergibt sich ein Konflikt, der die Geschichte spannend macht. Dadurch entwickelt sich der Charakter. Außerdem sollte der Krimi von einem Thema handeln, das noch nicht so oft abgearbeitet wurde und das viele Menschen bewegen kann. Der Autor braucht Feingefühl für die Art und Weise, wie Menschen sprechen, und sollte in seinen Dialogen eine Metaebene einbauen.
Braucht ein Krimi denn eine Auflösung oder darf er auch offen enden?
Möglicherweise gibt es sogar zwei Fälle zu lösen. Wenn wir dann realistisch sind, bleibt einer davon im Dunkeln.
Es bleibt also spannend. Vielen Dank für das Gespräch!
Informationen
Termine:
von Mai bis September freitags, samstags und sonntags um 20:00 Uhr
Juli bis August: zusätzlich samstags um 19:00 Uhr
Treffpunkt:
OkerTour, Anleger John-F.-Kennedy-Platz/Kurt-Schumacher-Straße, direkt an der Brücke
Dauer:
1,5 Stunden
Preis:
18 Euro pro Person
Termine für die Lesungen von Klaus Nührig:
Samstag, 13. Mai 2017
Freitag, 26. Mai 2017
Sonntag, 28. Mai 2017
Samstag, 17. Juni 2017
Sonntag, 6. August 2017
Sonntag, 20. August 2017
Sonntag, 3. September 2017
Samstag, 9. September 2017
Freitag, 15. September 2017
Samstag, 16. September 2017
Samstag, 23. September 2017
Tickets für Mord auf der Oker können auf www.braunschweig.de oder in der Touristinfo, Kleine Burg 14, gebucht werden. Die Lesungsfahrten können auch für separate Gruppenfahrten gebucht werden.
Beitragsbild: BSM / Gerald Grote
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