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Eine Stadt – einhundert Bühnen

Die elfte Braunschweiger Kulturnacht steht vor der Tür, bei der die gesamte Stadt zur Bühne für fast 2.000 Menschen wird. Tänzer, Sänger, Musiker, Schauspieler, Autoren und Künstler zeigen den Besuchern die kulturelle Vielfalt der Löwenstadt. Wie alle unter einen Hut zu bringen sind, erzählt uns Wolfgang Hartwig, Projektleiter der Kulturnacht, im Gespräch.

Herr Hartwig, ich habe den Überblick verloren: 2.000 Künstler treten bei der Kulturnacht auf, bei 264 Veranstaltungen. Was muss ich sehen?

Logo der Kulturnacht 2014. Foto: Stadt Braunschweig

Logo der Kulturnacht 2014. Foto: Stadt Braunschweig

Wolfgang Hartwig: 2.000 Künstler hört sich natürlich extrem viel an, besser wäre vielleicht Mitwirkende, denn  man muss wissen, dass ja auch große Gruppen wie Chöre oder Schülerensembles von Tanz- und Ballettschulen in die Kulturnacht integriert sind. Die Entscheidung kann ich Ihnen aber nicht abnehmen. Da müssen Sie selbst entscheiden, ob Sie sich eher für Tanztheater, Rockmusik, Lesungen oder Chorgesang interessieren, ob Sie sich Veranstaltungsorte anschauen wollen, die Sie noch nicht kennen, Gruppen besuchen, in denen Freunde mitwirken, oder sich mit Bekannten an einer Open-Air-Bühne verabreden und dann dort bleiben oder weiter ziehen. Es gibt auch Leute, die sich einen genauen Plan machen und – mit dem Fahrrad unterwegs – an möglichst vielen unterschiedlichen Orten kulturelle Atmosphäre schnuppern wollen.

Unter uns: Haben Sie noch einen Überblick über die vielen Veranstaltungen? Kennen Sie jeden Act?

Wolfgang Hartwig: Den Überblick habe ich, und im Zweifelsfall schaue ich ins Programmheft der Kulturnacht oder auf unsere Internetseite www.braunschweig.de/kulturnacht. Aber natürlich kenne auch ich bei Weitem nicht jeden Act. Das ist auch der große Unterschied zu einem Festival, wo man nach bestimmten Kriterien ganz gezielt Gruppen engagiert. In der Kulturnacht geht es um kulturelle Vielfalt und die Teilhabe möglichst vieler, sei es als Mitwirkende oder als Zuschauer.

Wer darf bei der Kulturnacht auftreten? Gibt es Ausschlusskriterien? Wie findet das Auswahlverfahren statt?

Wolfgang Hartwig: Im Prinzip kann jeder Solist und jede Gruppe aus der Braunschweiger Region unabhängig vom Genre mitmachen, aber es gibt natürliche Grenzen insbesondere im Rockbereich, wo die Anzahl der Gruppen, die sich bewerben, bei weitem unsere Kapazität übersteigt.

War Ihnen bewusst, dass es so viel künstlerisches Potential in Braunschweig gibt?

Wolfgang Hartwig: Eindeutig ja! Da ich Ur-Braunschweiger bin und schon seit 1992 im Kulturinstitut der Stadt arbeite, weiß ich, dass es eine unglaublich vielfältige Kulturszene gibt.

Die Kulturnacht findet jetzt zum elften Mal statt, ständig ist sie gewachsen. Sie sind seit 2006 dabei. Können Sie sich noch an Ihre Anfänge erinnern? Was hat sich mit der Zeit verändert?

Der Schwerpunkt der elften Kulturnacht 2014 ist der Tanz. Foto: Stadt Braunschweig

Der Schwerpunkt der elften Kulturnacht 2014 ist der Tanz. Foto: Stadt Braunschweig

Wolfgang Hartwig: Ich war teilweise schon in den 90er-Jahren dabei. So habe ich zum Beispiel in einer der ersten Kulturnächte den Brücke-Saal gegen einen Besucheransturm verteidigt. Seit 2002 bin ich voll dabei und seit 2006 mache ich die Projektleitung und den Hauptpart der Programmplanung. Die Kulturnacht ist seit den Anfängen erheblich größer und vielfältiger geworden, weil deutlich mehr Veranstaltungsorte und Künstler mitmachen wollen. Wir setzen auch immer mal Schwerpunkte. So in diesem Jahr zum Beispiel „Tanz“ in unterschiedlichen Ausprägungen, von der Tanzperformance über das Tanztheater, Flamenco und orientalischen Tänzen bis hin zum öffentlichen Mittanzen. Ansonsten verändert sich die Kulturnacht wie die regionale Kulturszene insgesamt, bleibt aber den Grundgedanken treu.

Warum hat man die Kulturnacht vor 20 Jahren ins Leben gerufen?

Wolfgang Hartwig: Es ging vor allem um Vernetzung und Austausch und darum, dass Künstlergruppen auch mal nicht nur an den gewohnten Spielstätten auftreten, sondern auch an ungewöhnlichen Orten, und dass durch die Bündelung in einer Nacht eine viel größere Aufmerksamkeit entsteht, lokale Kultur dadurch für ein breites Publikum interessant wird. Daraus ist ein ganz besonderes Kulturevent für die Braunschweiger Region geworden.

Dürfen wir einen Blick hinter die Kulissen werfen? Wie sieht die Organisation einer so großen Veranstaltung aus? Wann beginnen Sie mit der Planung, wie viele Mitarbeiter beschäftigen sich mit der Kulturnacht? Was ist die schwierigste Aufgabe?

Wolfgang Hartwig: Mit den ersten Vorarbeiten wie Terminabstimmung, Sponsorenakquise und so weiter beginne hauptsächlich ich circa ein Jahr vorher. Ein gutes halbes Jahr vorher beginnt dann die heiße Phase, wenn die Bewerbungen eingehen und der Kontakt zu allen potentiellen Veranstaltungsorten intensiviert wird, die Werbung geplant werden muss … Spätestens dann werden wir zu einem kleinen Team im Fachbereich Kultur, das sich intensiv, aber natürlich nicht nur, mit der Kulturnacht beschäftigt. In der Kulturnacht selbst haben wir dann zusätzlich ein Team von Helfern. Die schwierigste Aufgabe ist aus meiner Sicht immer die Zusammenstellung und Koordination des Programmes, also die unterschiedlichsten Interessen der verschiedenen Veranstaltungsorte und Künstler auf den Punkt zu bringen.

Ich kann mir vorstellen, dass viele Gruppen nach der Kulturnacht auf Sie zukommen und sich schon für das nächste Mal in zwei Jahren anmelden. Sagen Sie sofort zu?

Wolfgang Hartwig: Nein. Wir notieren das Interesse, aber, da die Kulturnacht ja in zweijährigem Rhythmus läuft, rufen wir immer erst gut ein Jahr später zur Bewerbung für die nächste auf, wenn der genaue Termin festgezurrt ist. Und in zwei Jahren passiert gerade in der regionalen Amateurszene ziemlich viel.

Für viele Braunschweiger ist die Kulturnacht eines der größten kulturellen Ereignisse im Jahr. Sind Sie auch ein bisschen stolz darauf, eine so beliebte Veranstaltung betreuen zu dürfen?

Wolfgang Hartwig: Eindeutig ja, auch wenn die Vielfalt der Aufgaben bei solch einer Veranstaltung manchmal an die Grenze der Belastbarkeit geht. Und – wie es so schön heißt – man wird schließlich nicht jünger …

Eine abschließende Frage: Wie verbringen Sie die Kulturnacht? Können Sie die Auftritte genießen oder sind Sie so sehr eingespannt, dass Sie kaum etwas sehen können?

Wolfgang Hartwig: Das ist ganz unterschiedlich und nicht wirklich vorhersehbar, an welcher Stelle man als Projektleiter gerade gebraucht wird. Aber wenn alles steht und die Eröffnung gelaufen ist, gibt es auch immer entspannte Phasen, wo ich mir Auftritte angucken kann. Aber nicht wirklich mit Ruhe. Ich schaue eher in verschiedene Orte, schnuppere die Atmosphäre, spreche mit dem ein oder anderen und ziehe weiter.

Sind Sie traurig darüber? Oder sind Ihnen die Rückmeldungen der Gäste und Künstler Ersatz genug?

Wolfgang Hartwig: Manchmal bin ich ein bisschen traurig, aber natürlich sind das allerwichtigste die vielen positiven Rückmeldungen, die uns nach der Kulturnacht erreichen. Live-Veranstaltungen konzentriert genießen, kann ich dann an anderen Abenden im Jahr, und Gelegenheiten dazu gibt es ja in unserer Stadt reichlich.

Das ist ein schönes Schlusswort, besser hätte ich es nicht formulieren können. Vielen Dank für das Gespräch.

Den Kulturnacht-Pin, den Wolfgang Hartwig hier zeigt, gibt es für fünf Euro an sämtlichen Vorverkaufsstellen oder während der Kulturnacht bei Verkäufern mit Bauchladen zu kaufen. Foto: Peter Sierigk

Den Kulturnacht-Pin, den Wolfgang Hartwig hier zeigt, gibt es für fünf Euro an sämtlichen Vorverkaufsstellen oder während der Kulturnacht bei Verkäufern mit Bauchladen zu kaufen. Foto: Peter Sierigk

Die Kulturnacht beginnt am Samstag, 13. September 2014, offiziell um 18.00 Uhr mit der Eröffnung auf dem Platz am Ritterbrunnen. Einige Veranstaltungen beginnen allerdings schon um 15.00 Uhr. Das gesamte Programm ist hier zu finden. Wer die Kulturnacht unterstützen möchte, kann das mit dem berühmten Kulturnacht-Pin machen, der gleichzeitig als Fahrausweis der Braunschweiger Verkehrs-GmbH dient. Der Pin kann an sämtlichen Vorverkaufsstellen oder am Abend bei Bauchladenverkäufern für 5,00 Euro erworben werden.

(Artikelbild: Die Bigband der Musikschule unter Leitung von Karle Bardowicks spielt bei der Eröffnung der Kulturnacht auf. Foto: Stadt Braunschweig)

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