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„Kommen Sie wieder“

Prof. Dr. Jochen Luckhardt ist der leitende Museumsdirektor des Herzog Anton Ulrich-Museums. Foto: C. Cordes, Herzog Anton Ulrich-Museum

Prof. Dr. Jochen Luckhardt ist der leitende Museumsdirektor des Herzog Anton Ulrich-Museums. Foto: C. Cordes, Herzog Anton Ulrich-Museum

Nach sieben Jahren des Umbaus, der Sanierung und der Neukonzeptionierung hat das Herzog Anton Ulrich-Museum (HAUM) am 23. Oktober 2016 seine Pforten wieder geöffnet. Wie die Resonanz der Besucher ausfällt, ob die Erwartungen an das erste Jahr erfüllt wurden und welche Aufgaben in der nächsten Zeit auf das Museum warten, hat uns Museumsdirektor Prof. Dr. Jochen Luckhardt im Interview erzählt.

Verführung garantiert – unter diesem Slogan ist das für fast 36 Millionen Euro umgebaute und sanierte Museum vor einem Jahr neu eröffnet worden. Kann es diese Garantie einlösen?

Kann es. Das zeigt allein die größere Nachfrage an Sonder- und Unterausstellungen. Außerdem ist das Museum insgesamt in den Vordergrund gerückt und präsenter in der Öffentlichkeit. Zu den verschiedensten Adam- und Eva-Darstellungen, die wir in der Gemäldegalerie haben, hat der Slogan „Verführung garantiert“ sehr gut gepasst. Der gesonderte, rote Raum mit dem Gemälde Das Mädchen mit dem Weinglas von Vermeer gehörte natürlich auch dazu.

Wie sieht denn die Besucherstruktur des Museums aus?

Wir haben eine große Bandbreite: Da kommen die Leute von fern, aber natürlich auch aus Braunschweig. Generell können wir sagen, dass etwa 50 Prozent der Besucher nicht aus Braunschweig sind. Natürlich haben wir viele internationale Besucher: In letzter Zeit konnten Sie öfter niederländische Busse bei uns stehen sehen, im Sommer kamen auch Japaner und Besucher aus anderen asiatischen Ländern, die extra wegen des Museums nach Braunschweig gereist sind.

Was kam bei den Besuchern besonders gut an?

Die komplette Neueinrichtung. Die Auswahl der Farben und die Pracht der Objekte, die besonders gut vor dem farbigen Hintergrund zum Leuchten gebracht werden. Für viele war es eine Überraschung, dass wir hier nicht nur Gemälde haben, sondern auch Skulpturen und Angewandte Kunst und das in einer Fülle, die man vorher nicht so erkannt hat. Das ist primär das Wichtigste, würde ich sagen.

Insgesamt kam auch unser Informationssystem sehr gut an, weil es ganz breit angelegt ist. Das heißt, wir haben sowohl die normale Beschriftung an den Objekten, wir haben Hefte mit Objekt- oder Raumtexten, die ausliegen und die jeder mitnehmen kann. Wir haben unseren Interaktionstisch im Einführungsraum zur Geschichte des Hauses und die iPads, auf denen sich der Audioguide mit Nina Ruge befindet. Für viele ist das natürlich erschlagend, weil sie gar nicht alles erfassen können. Manche Leute denken, sie gehen in ein Museum, bleiben dort für zwei Stunden und gehen wieder raus. Unsere Strategie ist es aber zu sagen „Kommen Sie wieder, es gibt immer etwas Neues.“

Mit dem Umbau des Museums ging eine Neukonzeptionierung der Ausstellungen einher: Die Kunstwerke werden in einem bewusst schlichten Rahmen präsentiert, durch die Skulpturengalerie für eine Art Entdeckerpfad und für die graphische Sammlung wurde ein vollkommen neues Präsentationskonzept entwickelt. Wie reagieren die Besucherinnen und Besucher auf diese Veränderungen?

Für manche ist es überraschend, dass man Skulpturen von allen Seiten anschauen soll, aber darum geht es ja. Gerade die Bronzen brauchen eine Rundansicht. Das ist vielleicht etwas neu, aber man muss sich einfach mit den Kunstwerken beschäftigen.

Jeder Raum ist unterschiedlich eingerichtet. Es gibt nicht nur einen Raum mit Vitrinen: Es gibt Wandvitrinen, Einzelvitrinen, alte Vitrinen des 19. Jahrhunderts, auch neu hergerichtete aus dem 18. Jahrhundert. Ein Großteil dieser Werke ist ja noch nie gezeigt worden und das ist schon überraschend für unsere Besucher.

Neu im HAUM ist der Bereich Intervention: Raum für junge Kunst, bei dem Werke zeitgenössischer Künstler in einen bewussten Gegensatz zu den klassischen Kunstwerken gesetzt werden. Geht dieses Konzept auf?

Da erleben wir die ganze Bandbreite. Manche Ältere sagen ‚Da kann ich nichts mit anfangen, da laufe ich jetzt durch‘. Das jüngere Publikum bleibt aber stehen, schaut sich das an und sagt ‚Das ist ja witzig‘. Und es ist natürlich etwas ganz Besonderes, weil es nicht beliebig ist. Die Ausstellungen haben an einer Stelle immer etwas mit dem Museum und unseren Beständen zu tun und da fällt mir bei vergleichbaren Museen kaum ein ähnliches Konzept ein.

Was waren die Erwartungen an das erste Jahr im neuen HAUM?

Dass es gut läuft. Sie müssen daran denken, dass auch vieles hinter den Kulissen gemacht werden muss, was vielleicht noch nicht so funktioniert. Zudem haben wir auch ein Besucher-Buch, wo manche Leute sich eintragen, manche aber auch nicht. Wir können nicht auf jede Anregung direkt eingehen, aber da hat man schon eine gewisse Resonanz. Gerade am Anfang haben sich viele über die Beschriftung in der Gemäldegalerie beschwert, weil insbesondere ältere Leute sie nicht lesen konnten. Deshalb haben wir für jeden Raum auch Hefte mit den Objektbeschriftungen eingeführt.

Mit der Zusammenführung der Permoser-Figuren und der Entdeckung des Rembrandt-Hundes hat das HAUM gleich im ersten Jahr nach seiner Wiedereröffnung international Aufsehen erregt. Sind für das kommende Jahr weitere solcher Meldungen zu erwarten?

Das wissen wir noch nicht genau. Jedes Jahr kommen Dinge auf einen zu, von denen man vorher noch nicht so genau weiß. Es wird weiter an den Beständen gearbeitet, aber gerade im Bereich Kupferstichkabinett ist es auf jeden Fall möglich. Erwerbungen wie die Permoser-Figuren können Sie nicht jedes Jahr kaufen – mit zweieinhalb Millionen Euro war das ja auch die teuerste Erwerbung für das Land Niedersachsen seit 20 Jahren.

Lassen Sie uns noch ein wenig weiter in die Zukunft schauen: Welche Ziele hat sich das Museum für die kommenden drei Jahre gesetzt?

Wir haben natürlich noch eine Baustelle, das ist die Gastronomie. Wir freuen uns aber dass die bis zum Oktober 2018 eröffnen wird. Ein weiteres Ziel ist die Etablierung des Museumsbetriebes, auch nach außen hin. Ich denke da an den Buchungsservice für Gruppenführungen, den es früher zum Beispiel gar nicht gab. Und natürlich haben wir ein großes Programm: nicht nur große Sonderausstellungen, sondern auch mittlere und kleine, die Ausstellung des Kupferstichkabinetts, dazu noch Sonderveranstaltungen. Zudem muss ich als Direktor das Museum erstmal richtig ans Netz bringen, das ist schon eine Aufgabe, die man nicht so von heute auf morgen macht.

 

Informationen

Herzog Anton Ulrich-Museum
Museumstraße 1
38100 Braunschweig
Telefon: 0531 – 1225-0
E-Mail: info.haum@3landesmuseen.de
www.3landesmuseen.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 11:00 bis 18:00 Uhr, Montag geschlossen

Beitragsbild: Die farbige Gestaltung der Wände unterstützt die Wirkung der Kunstwerke. Foto: BSM

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